Vor hundert Jahren wurde die Donaumonarchie durch einen Skandal erschüttert. Der zweite Mann im österreichisch-ungarischen Geheimdienst, Generalstabsoberst Alfred Redl, hatte – so wird es noch heute gesehen – am Vorabend des ersten Weltkrieges Spionage für Russland betrieben: aus Prunksucht, Geldgier und weil er einem jungen k.u.k.-Leutnant ,verfallen’ war, der im Gegenzug für sexuelle Dienstleistungen Unsummen an Geld von Redl erhalten hätte. Publik geworden war der ,Fall Redl’ 1913 durch die Zeitungsberichterstattung von Egon Erwin Kisch, der nicht zuletzt dadurch Weltruhm erlangte. Doch der ,rasende Reporter’ veröffentlichte elf Jahre später ein, bei genauer Betrachtung, ,rätselhaftes Buch’ über den „Fall des Generalstabchefs Redl“. Zwar heißt es, dieses Buch ,prägt noch heute’ die Sicht der Dinge, doch was der Zeitzeuge Kisch nach 1913 für sein Buch recherchiert und 1924 veröffentlicht hat, rückt en ,Fall Redl’ in ein vollkommen anderes Licht; selbst die Hintergründe um das Attentat in Sarajevo auf den Thronfolger. In diesem ,Buch über Kischs Buch’ geht der Autor der Frage nach, ob und inwieweit man als später Berufskollege von Kisch aus dem Buch eines Journalisten anderes herauslesen kann als ein Historiker. Die Veröffentlichung versteht sich als Anregung, bei der geschichtswissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den damaligen Vorgängen zahlreiche Hinweise von Kisch nochmals zu hinterfragen; sine ira et studio – soweit dies möglich ist bei einem ,Kriminalfall’ der zum Mythos geworden ist’.