Der Markt der Bekenntnisse wächst und bietet immer neue Foren: In Fernseh-Talkshows feiert die Selbstoffenbarung geschwätzige Urstände, der verkabelte Mensch kann am heimischen Computer beichten – „online mit Jesus“. Weniger mediale Kompetenz erfordernd und deshalb viel mehr Menschen zugänglich ist ein relativ junges Angebot, mit dem Kirchen dem Trend zum Bekennen Rechnung tragen: In immer mehr Gotteshäusern liegen sogenannte Gäste – und Anliegenbücher aus. Darin legen Menschen ihre Sorgen und Nöte, ihre Wünsche und Befindlichkeiten offen – adressiert an den „lieben Gott“, aber für jedermann einsehbar. Diese Studie analysiert exemplarisch das Anliegenbuch einer Tauberbischofsheimer Pfarrgemeinde. Dabei spürt sie – aus kulturwissenschaftlicher Perspektive – dem Wandel popular-religiöser Andachts- und Bekenntnismuster nach und liefert zugleich frappierende Einblicke in zeitgenössische Mentalitäten.