Der frisch gewählte Ratsherr Joachim Oppermann (1573–1626), selbst kaum dem Andreanum entwachsen, kommentierte die zunehmende Begeisterung für das Theaterspielen und die gerade in Mode gekommenen Aufführungen von Schulkomödien an seiner ehemaligen Penne anno 1602 mit drastischen Worten: „Die Knaben werden dadurch frech, ungehalten, mutwillig, lernen saufen und fressen, beschlafen gemeinlich eine Magd oder zwei ...”. Sir Hans Adolf Krebs (1900–1981) erkannte bei seinen Lehrern drei Jahrhunderte später dagegen einen anderen Ansatz beim Umgang mit ihren Zöglingen: „Als sehr wesentlichen Teil meiner Schulerziehung betrachte ich die Gewöhnung an Disziplin, besonders Selbstdisziplin. Sie ist eine unabdingbare Voraussetzung für rücksichtsvolles Verhalten gegenüber unseren Mitmenschen und für die angemessene Erfüllung der jedem einzelnen obliegenden gesellschaftlichen und beruflichen Verpflichtungen. “ Wenn der antike Philosoph Seneca in einem Brief einst resignierend die berühmten Zeilen „Non vitae, sed scholae discimus!” geprägt hat, nahm der spätere Nobelpreisträger für sich in Anspruch, an der ehrwürdigen Bildungsstätte tatsächlich für das Leben gelernt zu haben, nicht etwa bloß für die Lehranstalt. Das sind zwei etwas widersprüchliche Bewertungen pädagogischer Konzepte aus der bald 800jährigen Geschichte der alten Latein- und Bürgerschule der Stadt. Wir freuen uns, am Vorabend des großen Jubiläumsjahres mit dem Beitrag von Stefan Graf von Hardenberg (ab Seite 28) dem Bild nun eine weitere buntere Facette hinzufügen zu können, die vor allem die legendäre Ära von Oberstudiendirektor Martin Boyken (1908–1983) aus Schülersicht in den Blick nimmt. Von der in diesem Jahr wieder besonders reichlich sprudelnden Flut an Artikeln zur Hildesheimer Landes- und Ortsgeschichte möchte ich Ihnen den Report „Der Vorstoß der Amerikaner 1945 nördlich von Hildesheim“ (ab Seite 72) besonders ans Herz legen, der Experte Karl-Heinz Heineke lässt die Ereignisse passend zum 80. Jahrestag von Hildesheims Zerstörung und dem Kriegsende wieder lebendig werden. Jutta Finke hat die Dauerbaustelle am Dammtor dazu animiert, sich intensiver mit dem „Venediger Tor und der Johannisbrücke“ (ab Seite 88) zu beschäftigen, Marcel Giffey verfolgt mit forensischer Akribie die Spuren im Fall „Tod in der Oker“ (ab Seite 148), Manfred Klaube stellt die Ergebnisse der archäologischen Untersuchungen des Bockenemer Marktplatzes vor (ab Seite 164) und Thomas Trenckmann dokumentiert die Entstehung des Ritterguts Wendhausen (ab Seite 186). Endgültig Abschied nehmen müssen wir mit dieser Ausgabe von den liebgewonnenen ornithologischen Erzählungen Ewald Bürigs (1925–2021). Pastor Bürig hatte die Redaktion in weiser Voraussicht vor einigen Jahren mit ausreichend Material versorgt, um bis zu seinem 100. Geburtstag und seinem Goldenen Mitarbeiterjubiläum in unserem Jahrbuch für Geschichte und Kultur präsent sein zu können. Diese Quelle ist nun leider unwiederbringlich versiegt, doch hat sich sein Vermächtnis zumindest ein Stück weit erfüllt, die Naturkunde wird auch weiterhin eine feste Größe im inhaltlichen Themenkanon des Hildesheimer Kalenders bleiben – das ist fest versprochen! In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viel Spaß bei der Lektüre des Jahrganges 2025!