„Aufhebung“ der Nation ist mehrdeutig. Globalisten und Antinationale postulieren sie; Marx hielt die Aufhebung der Nation für ein Erfordernis des Fortschritts. Aber ist ihr Ende zu Beginn des 21. Jahrhunderts gekommen? Der indische Marxist Aijaz Ahmad sieht im Nationalstaat eine Realität, in der heute noch die tatsächlichen Klassenkonflikte stattfinden. Die Nation ist jedenfalls dynamische Materie; dialektisches Denken muss sie stets konkret behandeln. Schon Marx und Engels setzten den nationalen Kampf des Proletariats dem Klassenkampf gleich. Es geht darum, die Nation zu erobern, um sie zu überwinden. Unbedingt ist diese „Aufhebung“ in ihrer dreifachen, hegelschen Bedeutung zu sehen: Überwindung einer Entwicklungsstufe, Erhalten ihrer positiven Seiten und deren Integration in die höhere Ebene. Ziel dieser Arbeit ist es, das Herangehen von Marxisten im Verlauf der Zeit wiederzugeben. Einen wichtigen (aber beileibe nicht den einzigen) Ausgangspunkt dazu bildet Otto Bauer und sein Werk „Die Nationalitätenfrage und die Sozialdemokratie“. Der Blick auf das Heute begleitet dabei stets die Analyse. – Es ist die Gegenwart, die als Standort eine Rückschau auf die nationale Frage bestimmt.