Der moderne Antisemitismus – der seit Auschwitz gezwungen ist, sich als Antizionismus auszugeben – ist kein bloßes Vorurteil über die Juden, erst recht kein Charakterzug, der einigen Menschen von Natur aus eigen wäre, sondern eine gesellschaftliche Denkform, die ihren Grund in der spezifisch bürgerlichen Form hat, in der sich die Beziehungen der Menschen untereinander regeln, und sie, unabhängig von ihren ›guten Absichten‹, zu der dieser Denkform adäquaten Praxis treibt: Mittlerweile ist fraglich geworden, ob selbst eine solch allgemein gehaltene, eigentlich eine bare Selbstverständlichkeit ausdrückende Formulierung in der gegenwärtigen Linken noch auf breite Zustimmung stößt. Für die Aussage jedoch, derlei ›Selbstverständlichkeiten‹ kämen viel zu abstrakt daher und brächten deshalb nichts für die Lösung praktisch-politischer Probleme, ließe sich wohl umstandslos eine breite Mehrheit finden.