Zum Buch:
Ein Roman mit dem Titel Ich bin ein Laster – soll man das wirklich lesen? Der Titel bietet nicht den geringsten Anhaltspunkt für das, was man von dem Buch erwarten könnte, und ist so schräg, dass er – zumindest bei mir – kaum Interesse weckt. Das Interesse allerdings kommt mit dem Lesen und wird von Seite zu Seite stärker. Denn die Geschichte von Réjean und Agathe und natürlich vom Laster, dem Silverado-Truck, ist eine Liebesgeschichte der ganz besonderen Art – zärtlich, tragisch, absurd und rührend –, aber auch eine Geschichte von unwahrscheinlichsten Freundschaften, unglaublichen Missverständnissen und den absolut schrägsten Kurven, die ein Leben nur nehmen kann.
Der riesenhafte Réjean und die bildhübsche Agathe haben sich auf den ersten Blick ineinander verliebt und leben zwanzig Jahre lang glücklich als Paar in den kanadischen Wäldern. Außer Agathe liebt Réjean der Holzfäller, nur noch seinen Truck bzw. dessen Marke, denn er tauscht jedes Jahr den alten Silverado gegen einen neuen aus. Und dann, einen Tag vor dem 22. Hochzeitstag, verschwindet Réjean spurlos, und zurück bleiben der Truck, der mit offener Tür am Straßenrand steht, und Agathe, die nicht weiß, wie ihr geschieht. Ihr Mann bleibt verschwunden, und ihr bleibt nichts anderes übrig, als sich eine Arbeit zu suchen, um zu überleben. Und das ist erst der Anfang der unglaublichen Geschichten, die Michelle Winters uns präsentiert, bis wir lachen und weinen, ungläubig den Kopf schütteln, uns mit den Protagonisten fürchten und zur Musik mit dem Fuß wippen.
Ich bin ein Laster mag ein merkwürdiger Titel sein – aber es ist ein ganz außergewöhnliches und wunderbares Buch, bei dem man Corona und alles andere, was im Moment schief laufen mag, garantiert vergisst. Und übrigens: ein Happy-End oder zumindest ein Happy End, wie man von einem so verrückten Roman eben erwarten kann, gibt es auch.
Irmgard Hölscher, Frankfurt a. M.