'Wenn ich tanze, gelange ich intuitiv von einer Bewegung zur nächsten. Während ich noch überlege, wie ich aus dieser Position, jener Haltung, aus dem und dem Schritt wieder herauskomme, ist der Körper von alleine draufgekommen. Er hat sich orientiert, während ich ›Orientierung‹ dachte, oder sie definierte. Tanzen ist, als redete man in einer Fremdsprache, die gleichzeitig die Muttersprache ist. Man hört sich selbst beim Reden zu, korrigiert noch vor dem Aussprechen die Grammatik und sucht manchmal nach der richtigen Vokabel, ähm, ähm, aber gleichzeitig redet man unkontrolliert und ungebändigt, wie einem die Sprache eben gewachsen ist. Wörtersturzfluss und wohlüberlegtes Geschreibsel, meine mir angeborene, dritte Fremdsprache. Beim Tanzen wie beim Schreiben bin ich auf Autokorrektur geschaltet, ein sinnvolles Prinzip. Jede Veränderung, jedes Weitermachen, ist zugleich gewachsene Entwicklung und Ausmerzen eines unguten Ansatzes. Man denkt die Sprache, während man in der Sprache denkt. Man tanzt die Bewegung, während man in der Bewegung tanzt. Was tue ich, wenn ich schreibe? Vielleicht, dachte ich, während ich mit dem Oberkörper einen Kreis in der Horizontalen beschrieb und anschließend mich selbst durch diesen Kreis, als wäre es ein Reif, zu Boden stürzen ließ, ist das alles nur ein gigantischer Selbstversuch. Das Tanzen, das Schreiben, ein Versuch in, ja! physischer Reaktion. Ich untersuche Masse, Beschleunigung, Bremsweg, Haftreibungszahl der Wörter und des Körpers.' Martina Hefter Nach drei erfolgreichen Romanen erscheint mit 'Nach den Diskotheken' endlich Martina Hefters lange erwarteter erster Gedichtband.