Im Herbst 1958 wurde Marcel Reich-Ranicki, der wenige Monate vorher aus Polen in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt war, von Hans Werner Richter zur Jahrestagung der Gruppe 47 in Großholzleute im Allgäu eingeladen. Am 15. November erschien in der Münchner Zeitschrift „Die Kultur“ sein Bericht dazu – der erste einer kontinuierlichen Serie, die bis hin zur vorläufig letzten Tagung im Oktober 1967 und zu einem zehn Jahre später inszenierten „Abschiedstreffen“ reichte. Die Zugehörigkeit zur Gruppe 47 wurde ein markanter Bestandteil von Reich-Ranickis Profil als Literaturkritiker. Und die in der Gruppe kultivierte Form der mündlichen Diskussion über Literatur mit ihren Spielregeln prägte den Kritiker bei seinen frühen Auftritten im Rundfunk als Moderator der Sendung „Das literarische Kaffeehaus“, von 1977 bis 1986 noch deutlicher in seiner Rolle beim Wettbewerb um den Ingeborg-Bachmann-Preis und von 1988 bis 2001 seine Präsenz im Fernsehen als Protagonist im „Literarischen Quartett“. 70 Jahre nach der Gründung der Gruppe 47 und 50 Jahre nach ihrer letzten richtigen Tagung werden die Berichte, Aufsätze und späteren Erinnerungen Reich-Ranickis über sie zum ersten Mal gesammelt veröffentlicht.