Liebe Leserinnen und Leser, den Begriff Paradigmenwechsel sollte man nicht inflationieren. Aber in der Automobilindustrie findet derzeit ein Paradigmenwechsel statt. Seit 125 Jahren bilden verbrennungsmotorische Antriebe den Kern unserer Automobile. Zwar stellte Gustav Trouvé im Jahr 1881 ein dreirädriges Elektroauto vor und im Jahre 1912, auf dem Höhepunkte des Elektroautohypes, wurden stolze 33.800 Elektroautos verkauft, aber dann verschwand das Elektroauto schnell von der Bildfläche. Seit dem Jahre 1997 feiern teilelektrische Antriebe mit den Vollhybrid-Fahrzeugen des japanischen Autobauers Toyota ein Comeback. Mittlerweile wurden von Toyota über drei Millionen Vollhybride verkauft. In den letzten Jahren werden von nahezu allen Autobauern die Entwicklungen weitergetrieben, so dass in naher Zukunft so genannte Plug-In-Hybride, das sind Fahrzeuge, die ausschließlich mit elektrischem Strom zwanzig Kilometer und mehr bewegt werden können, serielle Hybride, die ausschließlich mit Strom angetrieben werden, den Strom dabei zum Teil an Board mit einem Verbrennungsmotor gewinnen, und Batterie-elektrische Automobile die Fahrzeugangebote der Autobauer erheblich ausweiten werden. Das elektrische und teilelektrische Auto ist dabei, die Wertschöpfungskette der Automobilindustrie und unser Straßenbild zu verändern. Längst sind dabei nicht alle Fragen geklärt. Große Entwicklungs- und Forschungsaufgaben sind zu bewältigen. In dem Großprojekt colognE-mobil haben 15 Lehrstühle der Universität Duisburg-Essen mit mehr als 50 Wissenschaftlern gemeinsam mit den Ingenieuren des Autobauers Ford, der Rheinenergie und der Stadt Köln an wichtigen Fragen zur praxistauglichen Umsetzung der Elektromobilität geforscht. Ein Teil der Arbeiten und Ergebnisse haben wir für Sie in diesem Band der UNIKATE zusammengefasst. Mit den hier abgedruckten Arbeiten wollten wir einen Querschnitt der Forschung zur Elektromobilität an unserer Universität geben. Ingenieure, Ökonomen, Chemiker, Informatiker, Physiker, Psychologen und Logistiker forschen an der Universität Duisburg-Essen zu Themen der Elektromobilität. Nicht alle Sparten und Disziplinen konnten im vorliegenden Band integriert werden. Das Ziel des vorliegenden UNIKATE-Bandes war es, breit verständlich ingenieurtechnische und naturwissenschaftliche Zusammenhänge zur Elektromobilität in den Mittelpunkt zu stellen. Im ersten Teil der UNIKATE stehen Fahrzeugtechnik und Batterietechnik im Vordergrund. Dieter Schramm und Martin Koppers geben im einleitenden Artikel einen Überblick zum Stand der elektrischen und teilelektrischen Fahrzeugantriebe. Eines der ganz wichtigen Argumente für Elektroantriebe ist der erheblich höhere Wirkungsgrad und damit die so genannte "well to wheel"-Energie-Bilanz. Um den deutlich verbesserten Wirkungsgrad zu nutzen braucht es Hochleistungsspeicher für elektrische Energie. In den letzten zwanzig Jahren wurden bei Consumer Geräten mit Lithium-Ionen-Batterie deutliche Fortschritte in der Speichertechnologie erzielt. Die Anforderungen an moderne Hochleistungsstromspeicher für Fahrzeuganwendungen, die Elektrochemie der Lithium-Ionen Zelle, und das intelligente Batteriemanagement für den schonenden Umgang mit der Hochleistungsbatterie beschreiben Angelika Heinzel, Jürgen Roes, Kari Holve und Sebastian Wennig vom Zentrum für Brennstoffzellen Technik (ZBT) und dem Lehrstuhl für Energietechnik. Speicherkapazität und der Energieinhalt der Lithium-Ionen-Batterie können durch Einsatz von Nanopartikeln deutlich erhöht werden. Am Center for NanoIntegration (CeNIDE) und dem NanoEnergieTechnikZentrum (NETZ) wird darüber intensiv geforscht. Hartmut Wiggers, Christof Schulz und Marion Franke erläutern die Möglichkeiten, mit der Nanotechnologie das "Altern" von Lithium-Ionen-Batterien deutlich zu reduzieren und durch dreidimensionale Strukturierung von Liebe Leserinnen und Leser, Dudenhöffer und Leonie Hause vom CAR-Center Automotive Research in mehreren Versuchsreihen in Duisburg untersucht. Der dritte Teil der UNIKATE-Artikel fokussiert die Vernetzung des Elektroautos. Die Informatiker Jürgen Ziegler, Daniel Münter und Tim Hussein erläutern, wie durch Nutzung semantischer Modelle neue wertschaffende Navigations- und Informationsdienste für Elektroautos geschaffen werden können. Wie bedeutsam diese Navigationsdienstleistungen im Gesamtverkehr für Elektroautos sind, analysiert der Physiker und Stauforscher Michael Schreckenberg. Mit Milliarden Verkehrsdaten in den Datenspeichern von Michael Schreckenberg ist es möglich, virtuelle Fahrten mit dem Elektroauto in einer neuen Generation von Fahrsimulatoren durchzuführen. Dieter Schramm und Gregor Hiesgen stellen dazu einen an der Universität Duisburg entwickelten neuen Fahrsimulator vor. Elektroden die Leistungsdichte von Batterien wesentlich zu steigern. Damit werden Voraussetzungen geschaffen, um bei gleichem Batteriegewicht die Reichweite und Leistungsentfaltung von Batterie-elektrischen Fahrzeugen deutlich zu steigern. Im zweiten Teil stehen Sicherheitsfragen bei Elektroautos im Blickpunkt. Hohe Spannungen stellen neue Sicherheitsanforderungen an den Fahrzeugbetrieb. Dies gilt insbesondere in Unfallsituationen. Holger Hirsch, Inhaber des Lehrstuhls für Energietransport und -speicherung, informiert über den Stand der Sicherheitstechnik im Umgang mit Elektroautos. Elektroautos unterscheiden sich auch dadurch von konventionellen Fahrzeugen, dass sie bei den Geschwindigkeiten des innerstädtischen Verkehrs kaum hörbar sind. Welche Konsequenzen dies für Handicap-Gruppen, wie etwa Blinde und alte Menschen bedeutet, haben Kathrin Im letzten Teil erläutert Thorsten Mietzel das gesamte Großprojekt colognE-mobil. Der Leser erhält damit einen Überblick zu den wichtigsten Facetten dieses Großprojekts zur praxistauglichen Umsetzung der Elektromobilität. Bleibt die Frage, wie sich das Elektroauto im Markt durchsetzt, wie seine Kunden aussehen und bis wann wir mit einer größeren Anzahl von Elektroautos auf unseren Straßen rechnen können. Der Artikel von Ferdinand Dudenhöffer gibt Antworten auf diese Fragen und erläutert gleichzeitig das methodische Vorgehen zur Ableitung von Prognosen über die Verbreitung von Elektroautos. Wir würden uns freuen, wenn uns mit dem UNIKATE-Heft zweierlei gelungen wäre: Zum einen den Einblick in den Forschungsalltag an unserer Universität und zum zweiten jede Menge Information und Hintergründe zum Zukunftsthema Elektromobilität. Viel Spaß beim Lesen! Ferdinand Dudenhöffer