Verfolgung und Exil haben nicht nur die Musikgeschichte von 1933 bis 1945 geprägt. Auch die Nachkriegszeit bleibt vielfach unverständlich, wenn die langfristigen Auswirkungen von Migration und Verdrängung nicht mitbedacht werden. Die Zahl der NS-verfolgten emigrierten Musiker und Musikwissenschaftler wird auf mindestens 4000 geschätzt, davon sind jedoch weniger als zehn Prozent wieder nach Deutschland oder Österreich zurückgekehrt. Der Band eröffnet die längst überfällige Diskussion darüber, welche Bedeutung Remigration (bzw. Nicht-Remigration) und ihre individuellen sowie historischen Hintergründe für die jüngste Musikgeschichte haben. Dies berührt zentrale Probleme unserer Kulturgeschichtsschreibung; hinterfragt wird unter anderem die musikhistorische Fixierung auf die Avantgarden, die im Grunde direkt mit den gesellschaftlichen "Leit"-Kategorien der 1950er Jahre verknüpft ist. Die Beiträge zielen statt auf biografische oder kompositorische Fallstudien auf fundamentale und interdisziplinäre Themen. Sie behandeln aus unterschiedlichen Perspektiven die Bedingungen ästhetischen Handelns. Dem Buch ist eine Audio-CD beigelegt, auf der bewegende, aktuelle Zeitzeugengespräche mit Gerhard Bronner, Hanns Stein, Eberhard Rebling und Michael Gielen dokumentiert sind.