Auf Korsika liegt eine Sprachkontaktsituation vor, an der – im Gegensatz zu zahlreichen bisher untersuchten Kontaktsituationen – mehr als nur zwei Sprachen beteiligt sind: Das Korsische steht sowohl in traditionellem Kontakt zum Toskanischen bzw. Standarditalienischen als auch in neuerem Kontakt zum Französischen. Die Komplexität dieser Situation findet ihren unmittelbaren Niederschlag in der Korpusplanung. Korsische Korpusplaner agieren im Spannungsfeld zwischen Nachahmung modellsprachlicher Ausdrucksmittel einerseits und Distanzierung von solchen Modellen zum Zwecke höherer Eigenständigkeit andererseits. Die Existenz nicht nur einer, sondern zweier Sprachen, die beide als positives und negatives Modell in Frage kommen, stellt ein erschwerendes Moment dar. Die vorliegende Untersuchung zeigt am Beispiel der korsischen Wörterbücher, die hier erstmals in ihrer Gesamtheit dargestellt werden, inwieweit die Rollen der beiden Kontaktsprachen qualitativ und quantitativ unterschiedlich besetzt sind, und deckt somit zentrale Problembereiche der Korpusplanung einer im Einflussbereich zweier Modellsprachen befindlichen Minderheitensprache auf.