In den Confessiones spiegelt sich die Umbruchphase der Spätantike wider, in der traditionelles Denken als nicht mehr hinreichend für eine sinnstiftende Einordnung des Individuums in die Welt erkannt wird. Während der Vater für ein der paganen Tradition verpflichtetes Bildungs- und Familiendenken steht, wird die Mutter zum exemplum einer christlichen Ehefrau und Mutter. Römische Rollenideale werden aufgenommen, jedoch in einem christlichen Kontext verinnerlicht. Ferner rehabilitiert Augustinus die christliche Familie gegenüber einem radikalen Askeseideal. In Generationenbeziehungen ist der Mensch innerhalb der empirischen Welt eingebunden, jedoch benutzen auch Bibel und christliche Tradition Metaphern aus diesem Bildfeld, um das Verhältnis des Menschen zu Mitmenschen, Gott oder Kirche auszudrücken. Hieran anknüpfend vollzieht Augustinus eine Neubestimmung zwischenmenschlicher Beziehungen auf einer spirituellen Ebene. Während die Forschung bisher den Blick meist auf die Figur der Monnica beschränkt hat, erweitert Jochen Schultheiß den Untersuchungsgegenstand und erschließt in eingehender Textanalyse die Confessiones aus philosophisch-theologischer sowie literatur- und geschichtswissenschaftlicher Perspektive.