Zum Buch:
Rom brennt. Ausgehend von den Armenvierteln am diesseitigen Ufer des Tibers verbreitet sich die alles verheerende Feuersbrunst in rasender Eile, verschlingt nacheinander Haus um Haus und droht in Kürze sogar den Fuß des Kapitols zu erreichen, auf dessen Mauern der Kaiser steht, Nero, muttermordender Tyrann und Antichrist, der, lorbeerbekränzt in schwarzer, von Goldfäden durchwirkter Toga, mit entrücktem Blick auf seiner Leier zupft: Peter Ustinov in einer seiner wohl bekanntesten wie brillantesten Charakterdarstellungen. Und dies ist das Bild, dass man im Allgemeinen mit dem Namen Nero verknüpft.
Doch wer war der im Jahr 37 nach Christus in Antium in der heutigen italienischen Region Latium geborene Claudius Caesar Augustus Germanicus, Sohn der Julia Agrippina und Neffe des Kaisers Caligula, in Wirklichkeit? Vor allem wenn man bedenkt, dass unser frühes Wissen über den ebenso verschwendungssüchtigen wie skrupellosen Gewaltherrscher etliche Jahrhunderte lang auf den Schriften seiner ersten Biografen beruhte, Tacitus und Seneca, letzterer römischer Philosoph und Stoiker und für einen längeren Zeitraum sogar so etwas wie der Mentor Neros.
Alexander Bätz hat für die Arbeit an seiner Biografie über die Person Nero weder Zeit noch Mühen gescheut und die vorhandenen „Fakten“ anhand von neuesten Forschungen regelrecht durchsiebt. Dabei herausgekommen ist ein zum Teil völlig anderes Bild des letzten Kaisers der julisch-claudischen Dynastie, an das er uns Stück für Stück heranführt – und es ist überaus interessant, dabei zuzusehen, wie der Autor Wahrheit von Mythos zu trennen weiß.
Unwiderlegbare Tatsache ist beispielsweise, dass Nero seine Mutter hat ermorden lassen, um deren zunehmenden Einfluss auf die Politik im Senat zu beenden, eine Tat, die ihn, Nero, noch bis zu seinem Selbstmord im Jahr 68 verfolgt hat und ihm stets wie ein Makel anhaftete. Was jedoch die Christenverfolgung betrifft, so hat es diese unter seiner kurzen Herrschaft nicht in dem Maße gegeben, wie die späteren Kommentatoren es beschrieben haben. Als Rom brannte, war Nero nachweislich nicht einmal vor Ort und leitete später sogar äußerst hilfreiche Maßnahmen zur Feuerbekämpfung ein. Abgesehen davon war er in der Tat ein ausgesprochen talentierter, wenn auch auf bessere Barden äußerst neidischer Laienspieler und Sänger.
Axel Vits, Köln