Zum Buch:
Sie sind von frühester Kindheit an auf sich allein gestellt: Robin und Lark, zwei Halbschwestern, die in Montreal in den 1970er-Jahren aufwachsen. Lark, die ältere, verantwortungsbewusste, stille und fleißige, ersetzt der jüngeren Halbschwester die Mutter. Robin, zart, verträumt und wild, entdeckt ihre Begabung als Pianistin. Die Schwestern teilen Alltag und Geheimnisse; unvorstellbar, dass sie ohne einander sein könnten. Bis sich Lark erfolgreich um ein Stipendium bei einem US-College in der Nähe von Boston bewirbt. Ein stiller Roman, in dem hinter den Worten, hinter dem Erzählten die tiefen Emotionen leuchten und die vordergründigen Ereignisse wie Schattenrisse wirken lassen.
So eng die Beziehung der Schwestern in Montreal war, so schnell hat Lark ihr eigenes Leben im College gefunden; sie belegt einen Kurs über Filme und arbeitet sich fasziniert in die Kunst des Dokumentarfilms ein. Die Schwester spielt jetzt keine Rolle mehr. Doch als Robin unvermittelt mit einem zerschlissenen Koffer bei Lark auftaucht, ist es der Älteren ganz klar, dass sie wieder für die Jüngere sorgen wird. Robin hat sich verändert, zeigt sich verschlossener als früher, geht ihre eigenen Wege. Schließlich ziehen die beiden nach New York, wo Robin am Juilliard-Konservatorium aufgenommen worden ist. Auf ihrer ersten Konzertreise durch Skandinavien verschwindet sie, und Lark wird fünf Jahre lang nichts mehr von ihr hören.
Dieser Wechsel von großer Nähe und ebenso großer Distanz bestimmt sowohl Struktur als auch Inhalt der Schwesterngeschichte, die sich über mehr als 40 Jahre erstreckt. Eine Zeit, die in der Lektüre wie im Flug vergeht. Die Schwestern bleiben aneinander gebunden, und doch lebt jede in ihrer hermetisch verschlossenen Welt. Im Leben aller anderen sind die beiden Frauen Randfiguren. Nur dadurch, dass die Autorin Lark die Rolle der Erzählerin zugedacht hat, stehen sie im Zentrum der Geschichte. Zwei Frauen, die ihren Weg suchen in einem Roman, der außergewöhnliche Wege des Erzählens beschreitet.
Susanne Rikl, München