Zur Autorin / Zum Autor:
Sarah Bakewell lebt als Schriftstellerin in London, wo sie Creative Writing an der City University lehrt und für den National Trust seltene Bücher katalogisiert.
Sie sitzen im Dezember 1932 bei einem Aprikosencocktail im Café Bec-de-Gaz und unterhalten sich über Husserls Phänomenologie: Simone de Beauvoir, Jean-Paul Sartre und Raymond Aron, der die neuesten Ideen Husserls von seinem Studienaufenthalt in Berlin mitgebracht hat. In dieser Runde, in diesem Gespräch über die Verbindung von philosophischem Nachdenken und gelebter Erfahrung, wird der Samen zur Idee des Existentialismus gelegt, der Philosophie, die ein ganzes Jahrhundert bestimmen soll.
(ausführliche Besprechung unten)
Sarah Bakewells reichhaltige, anschauliche und unterhaltsame Geschichte des Existentialismus ist angelegt wie ein Theaterstück, in dem sie alle ihren Auftritt haben: Neben Simone de Beauvoir und Sartre auch Martin Heidegger, Karl Jaspers, Ludwig Marcuse, Albert Camus, Maurice Merlau-Ponty, Edith Stein und viele andere – nicht zu vergessen der schwarze Rollkragenpullover, der Feminismus, der Jazz und die Résistance. Was als Werk leichtfüßig daherkommt und sehr unterhaltsam zu lesen ist, bietet gleichzeitig einen profunden Überblick und spannende Einsichten in die Entwicklung der philosophischen Ideen des Existentialismus. Die ersten Kapitel widmet Bakewell dem schon zu dieser Zeit völlig unbourgeoisen Paar Beauvoir und Sartre, begleitet Sartre im Jahr 1933 nach Berlin und Beauvoir bei ihren Studien Heideggers. In den nächsten Kapiteln schwenkt ihr Blick zum Husserl-Schüler Heidegger, der sich von den Ideen seines Lehrers weit entfernt, tief im Schwarzwald nationalsozialistischer Propaganda verfällt und sich mit Marcuse und Jaspers entzweit. Nach diesem kurzen Exkurs kehrt Bakewell nach Frankreich zurück. Jetzt beginnt Sartres Aufstieg und es erweist sich, wie seine Ideen des Existentialismus mit den Idealen der Résistance Hand in Hand gehen; jetzt huldigen Sartre wie Beauvoir exzessiv der freien Liebe – in Realität wie in Fiktion, und die Freiheit wird zu Sartres großem Thema.
Was diese Geschichte des Existentialismus so besonders macht, so anziehend, ist nicht nur Bakewells Fähigkeit, uns die Vertreter dieser Philosophie so nahe zu bringen, dass wir sie nicht nur als Ideenträger, sondern als Menschen in ihrem Umfeld erleben. Es ist auch Bakewells Enthusiasmus, der aus jeder Seite spricht, ihre Begeisterung für die Verpflichtung zur Freiheit, ihre Frage, was uns von der »unauslotbaren Strahlkraft« dieser Ideen und Ideale geblieben ist.
Susanne Rikl, München