Im Zentrum des Bandes steht ein bislang kaum untersuchtes Phänomen der deutsch-jüdischen Literatur: Die beiden neo-orthodoxen Periodika Jeschurun und Der Israelit, die ab der Mitte des 19. Jahrhunderts als Fortsetzungserzählungen erschienen sind. Diese popularisieren das Ideal einer Partizipation gesetzestreuer Juden an der modernen Gesellschaft und inszenieren das Judentum als Familienreligion in Form von sentimentalen, mehrere Generationen umspannenden Liebesgeschichten. Dieses „Projekt" der Neudefinierung des Judentums, lokalisiert dieses primär im familiären Kontext und zeugt dennoch – oder gerade deshalb – von den komplexen Ordnungs- und Grenzziehungsstrategien des sich pluralisierenden Judentums, sowie einer Neuordnung der Geschlechterrollen. Das Medium der Feuilletonliteratur dient dabei nicht nur der Unterhaltung, sondern fungiert auch als ästhetisches Mittel der religiösen Wissensvermittlung und zeugt zugleich vom Anspruch dieser Literatur, als eigenständige Kunst wahrgenommen zu werden.