Zum Buch:
Ein passionierter Anhänger von allem, was grünt und blüht, und ein Ökologe mit Begeisterung für Ernährung haben sich zusammengetan, um uns die Augen dafür zu öffnen, dass Pflanzen (fast) Alleskönner sind und eine einzigartige Rolle für unsere Zukunft spielen.
Pflanzen essen entführt uns in die Welt von Feigenkaktus, Färberdistel und Acerola, stellt uns die Vallonea-Eiche und den Gelbhornstrauch vor. Als hochinformatives Nachschlagewerk bietet das Buch nicht nur individuelle Pflanzenportraits, sondern informiert zu jeder Art auch über die lateinischen und weitere volkskundliche Namen, über die natürlichen und eingebürgerten Verbreitungsgebiete, über Wachstumsbedingungen; erklärt, wo genau man die jeweiligen Pflanzen oder ihre verwendbaren Teile findet, und vor allem, wie man sie isst.
Was das hier empfohlene Buch deutlich von herkömmlichen botanischen Nachschlagewerken abhebt, ist die Art und Weise, in der Kevin Hobbs und Artur Cisar-Erlach die Bedeutung der jeweiligen Pflanze im Rahmen des Klimawandels für den Menschen und den Planeten darstellen. Durch über zwanzig verschiedene Symbole ist auf jeder Seite sofort erkennbar, welche besondere Fähigkeit die dargestellte Art hat. Die Piktogramme reichen von Schattenverträglichkeit und Hitzeresistenz über Toleranz gegenüber nährstoffarmen Böden und schneller Erntereife bis hin zu guter Lagerungsfähigkeit.
Bei über 400.000 Pflanzenarten weltweit, von denen laut den Autoren höchstwahrscheinlich 300000 uneingeschränkt genießbar sind, mutet es befremdlich an, dass der moderne Mensch seine Ernährung auf ein wenig resistentes System von nur drei in anfälligen Monokulturen angebauten Nahrungsmitteln stützt: Weizen, Reis und Mais. In vielen indigenen Ernährungssystemen spielt die Vielfalt zwar noch immer eine große Rolle, in den Industrienationen des globalen Nordens hingegen ringen Bauern den ausgelaugten Böden und Feldern immer weniger Erträge unter Einsatz großer Mengen an Düngemitteln ab, die wiederum dem verbleibenden Bodenleben den Garaus machen.
Es ist also keine Spielerei leidenschaftlicher HobbygärtnerInnen, sich mit der Vielfalt von essbaren Pflanzen zu beschäftigen. Die Nahrungsmittelindustrie wird ohnehin zum Umdenken gezwungen sein, um eine stetig wachsende Weltbevölkerung satt zu kriegen.
Die vier offiziellen Säulen der Ernährungssicherheit umfassen neben Verfügbarkeit, Zugang und Nutzung auch die Stabilität. Es ist höchste Zeit, den Blick auf die unendliche Vielfalt essbarer Pflanzen zu richten, nicht nur, um Menschen auch zukünftig ernähren zu können, sondern auch um degradierte Böden zu regenerieren und extremen Wetterbedingungen durch den Anbau unterschiedlicher Nahrungsmittel mehr entgegensetzen zu können. Das im Kunstmann Verlag erschienene und ansprechend illustrierte Buch Pflanzen essen ist das beste Beispiel dafür, dass dieses schwierige Thema nicht erdrückend sein muss, sondern dass Neugier und Begeisterung für den faszinierenden Reichtum der Natur ein Weg aus der Krise sein kann!
Larissa Siebicke, autorenbuchhandlung marx & co, Frankfurt