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Kurt. Die Legende unter den Ikonen

Autor
Mosetter, Philipp

Kurt. Die Legende unter den Ikonen

Untertitel
Roman
Beschreibung

Manche Bücher haben so skurrile Titel, dass man sie einfach in die Hand nehmen und darin blättern muss. Und wenn man dann beim Durchblättern noch auf Sätze stößt, die einen schallend auflachen lassen, dann geht man mit einem solchen Buch freudig gespannt nach Hause. Tun Sie’s ebenfalls, jedenfalls dann, wenn Sie es mögen, sich in einem Wiener Kaffeehaus von einem Frankfurter Werber (oder umgekehrt) eine Geschichte erzählen zu lassen, die ihren Gegenstand mit unnachahmlichem Gegrantel umkreist. Und dieser Gegenstand ist, wie könnte es auch anders sein, Kurt. Die Legende unter den Ikonen. Dessen Zeit allerdings, so will es das Schicksal von Legenden, vorbei ist.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Edition Faust, 2019
Seiten
184
Format
Gebunden
ISBN/EAN
978-3-945400-70-8
Preis
24,00 EUR
Status
lieferbar

Zur Autorin / Zum Autor:

Philipp Mosetter ist seit 1976 freier Autor, Kabarettist und Schauspieler. Er wirkte mit in der Theatergruppe „Karl-Napps-Chaos-Theater“, erarbeitete 7 Soloprogramme und hat zusammen mit Michael Quast die Klassikerbearbeitungen zu Goethe und Schiller erstellt. Er lebt in Frankfurt und Wien.

Zum Buch:

Manche Bücher haben so skurrile Titel, dass man sie einfach in die Hand nehmen und darin blättern muss. Und wenn man dann beim Durchblättern noch auf Sätze stößt, die einen schallend auflachen lassen, dann geht man mit einem solchen Buch freudig gespannt nach Hause. Tun Sie’s ebenfalls, jedenfalls dann, wenn Sie es mögen, sich in einem Wiener Kaffeehaus von einem Frankfurter Werber (oder umgekehrt) eine Geschichte erzählen zu lassen, die ihren Gegenstand mit unnachahmlichem Gegrantel umkreist. Und dieser Gegenstand ist, wie könnte es auch anders sein, Kurt. Die Legende unter den Ikonen. Dessen Zeit allerdings, so will es das Schicksal von Legenden, vorbei ist.

Natürlich befinden wir uns, wie der Titel für jeden Branchenkundigen sofort verrät, in der Welt der Werbung. Und die, so macht der namenlose Ich-Erzähler auf ebenso gallenbittere wie saukomische Weise klar, hat sich massiv verändert. Dafür verantwortlich? Kein Zweifel: das Marketing. „Früher hieß es Reklame, da steckt reklamieren drin, man hat damals Aufmerksamkeit noch reklamieren müssen. Dann hieß es Werbung, da steckt werben drin, man musste um Aufmerksamkeit werben, war eine anspruchsvolle Sache. Heute heißt es Marketing. Da steckt gar nichts mehr drin, aber dafür steckt es in allem drin. Wie ein Virus. Alles infiziert.“ (Hier ist wohl zeitbedingt der Hinweis nötig, dass das Buch bereits 2019 erschien ist.)

Was das bedeutet, das erfahren wir in einem pseudogemütlichen Plauderton, der an Qualtingers Herrn Karl erinnert. Wer in den letzten Jahrzehnten mal mit der Werbebranche zu tun hatte, wird aus dem Grinsen nicht mehr herauskommen, wer nicht, wird erstaunliche Erkenntnisse sammeln können: „Man versteht die Welt einfach besser, wen man sie andersrum, verkehrt herum liest. Ist so. Das braucht natürlich seine Zeit … Aber wenn man erst einmal alles verkehrt herum sehen kann, dann wird es fürchterlich.“ Verstehen Sie nicht? Weiterlesen, dann wird das schon. Fürchterlich, aber auch fürchterlich vergnüglich. Und fürchterlich erhellend, was die Welt betrifft, in der wir leben, und das, was sie mit uns macht. Mit unserer Zeit. Mit unseren Autos. Mit unserer Verwandlung vom Konsumenten zum „Konsumat“. Verkehrt herum eben.

Zur Entstehungsgeschichte dieses Buches, das trotz Verlagsankündigung kein Roman ist, sondern sich Gattungsbezeichnungen konsequent entzieht, schreibt der Autor auf seiner Website: „Eines Tages bekomme ich eine E-Mail von einem Professor und Freund, in dem er sich über eine Anzeige amüsiert und mich, der ich ja selbst viele Jahre als Werbetexter mein Brot verdient habe, fragt: ‚Was, bitteschön, haben die geraucht?‘ Ich antwortete: ‚Leider nichts‘ und habe die Ursache für das Zustandekommen einer solchen Anzeige in einem Buch zusammengefasst.“

Gönnen Sie sich in der Weihnachtspause also ein paar unterhaltsame Stunden und schärfen Sie Ihren Blick für die Realität hinter dem Werbespruch „Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt.“ Das immunisiert wenigstens gegen dieses Virus.

Irmgard Hölscher, Frankfurt