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Dornauszieher

Autor
Ito, Hiromi

Dornauszieher

Untertitel
Aus dem Japanischen und mit einem Nachwort von von Irmela Hijiya-Kirschnereit
Beschreibung

Nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse 2022 Sparte Übersetzung

Wer Hiromi Itos Dornauszieher liest, taucht in Welten ein, die von prosaischer Natur und gleichzeitig von höchster Poesie sind. Der Dornauszieher ist ein schillerndes, zwischen den Kulturen schwebendes Wunderwerk. Die Ich-Erzählerin beschreibt ihr Leben zwischen pubertierenden Kindern, kränkelndem Ehemann und dementen Eltern mit unendlich viel Humor und mit unerschöpflicher Liebe zum Leben. Sie vereint dabei so viele Genres und verweist dabei auf so viel Literatur, dass man das Buch mühelos mehrmals lesen, aber eben auch einfach nur genießen kann.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Matthes & Seitz Berlin, 2021
Seiten
336
Format
Gebunden
ISBN/EAN
978-3-7518-0034-1
Preis
22,00 EUR
Status
lieferbar

Zur Autorin / Zum Autor:

Autorin
Hiromi Ito, 1955 in Tokyo geboren, zählt zu den wichtigsten japanischen Autorinnen der Gegenwart. In den 1980er Jahren hatte sie sich zunächst als innovative Lyrikerin mit neuartigen Themen und Sprechweisen einen Namen gemacht. Nach ihrer Scheidung siedelte sie 1997 in die USA über und gründete dort mit dem jüdisch-britischen Künstler Harold Cohen und ihren drei Töchtern eine neue Familie. Seither pendelt sie zwischen den Kontinenten. Mit ihren Langgedichten, Romanen und Essays sprengt sie Gattungsgrenzen. Ihr Roman Dornauszieher, 2007 publiziert, wurde mit zwei wichtigen Preisen ausgezeichnet, einem für Lyrik und einem für erzählende Literatur. Ito ist auch als Illustratorin und Manga-Kritikerin bekannt und lehrt literarisches Schreiben an der Waseda-Universität, Tokyo.

Übersetzerin
rmela Hijiya-Kirschnereit, Japanologin, publiziert zu Literatur und Kultur Japans auf Deutsch, Englisch und Japanisch. Zwischen 1990 und 2000 gab sie die 34-bändige Japanische Bibliothek im Insel-Verlag heraus. Aus dem Japanischen hat sie Romane, Erzählungen und Lyrik übersetzt, u.a. von Enchi Fumiko, Nosaka Akiyuki, Ōba Minako, Ōe Kenzaburō. Ihre Auswahl an Lyrik und Prosa von Hiromi Itō (»Mutter töten«, 1993) war weltweit die erste in Buchform erschienene Übersetzung zu dieser Autorin.

Zum Buch:

Wer Hiromi Itos Dornauszieher liest, taucht in Welten ein, die von prosaischer Natur und gleichzeitig von höchster Poesie sind. Der Dornauszieher ist ein schillerndes, zwischen den Kulturen schwebendes Wunderwerk.

Im Zentrum steht die Ich-Erzählerin Ito, Dichterin wie ihre Autorin, Mutter dreier Kinder wie ihre Autorin, schließlich Ehefrau und Tochter, die zwischen Japan (hier leben ihre Eltern) und Amerika (hier leben Ehemann und Töchter) pendelt. Ito leidet an dieser Dauerverfügbarkeit (der jüngst auch Franziska Schutzbach mit Die Erschöpfung der Frauen. Wider die weibliche Verfügbarkeit ein hochgelobtes Sachbuch gewidmet hat), aber Ito zu lesen macht eindeutig bessere Laune. Sie beschreibt dieses Leben zwischen pubertierenden Kindern, kränkelndem Ehemann und dementen Eltern mit unendlich viel Humor und mit unerschöpflicher Liebe zum Leben. Sie vereint dabei so viele Genres und verweist dabei auf so viel Literatur, dass man das Buch mühelos mehrmals lesen, aber eben auch einfach nur genießen kann.

Das ist vor allem deshalb möglich, weil Hiromi Ito eine Suchende bleibt, keine ihrer Kulturen gänzlich zu begreifen scheint, keine wie ein zerschlissenes Kleidungsstück ablegt, sondern pflegt. Etwa wenn sie zum Jizo, dem Dornauszieher, einem buddhistischen Schutzgott in Tokio, pilgert oder das magische Denken Japans liebevoll in ihr Leben integriert und in Beschreibungen münden lässt, die so surreal wie komisch und überhaupt voll bösem Witz sind.

So werden dem ermüdenden Alltag literarische, poetische, spirituelle Welten an die Seite gestellt und schon in den Kapitelüberschriften hart aneinandergeschnitten: „Wie, nach Überqueren des Ozeans, Pfirsiche geschleudert und Hügel überwunden werden“; „Ohr, höre! Die Einsamkeit des Plätscherns in der Urinflasche.“

Der Zauber, der von diesem Roman ausgeht, ist schwer zu beschreiben, denn er ist zugleich traumhaftes Märchen und bitterböser Bericht über unser Leben im 21. Jahrhundert. Hiromi Itos Buch, so schreibt Saito Minako, eine der prominentesten Literaturkritikerinnen Japans, „ob Gedicht, Essay, Roman oder Zwiegespräch, hat eine Wirkung, als läsen wir den Brief einer Freundin aus der Ferne“, und die Schriftstellerkollegin Kawakami Hiromi ergänzt: „All das Persönliche, das in diesem Buch ausgebreitet wird, ist ergreifend bis zum Niederknien, doch all dies widerfährt ja nicht nur der Autorin – man spürt eine grandiose Heftigkeit, wie sie über Frauen und Männer weltweit hereinbricht.“ Hiromi Ito zu lesen hilft, erweitert den Horizont und macht eindeutig gute Laune.

Ines Lauffer, autorenbuchhandlung marx & co, Frankfurt