Zum Buch:
Christa Wolf, Brigitte Reimann, Maxie Wander – drei erfolgreiche Schriftstellerinnen, drei Freundinnen, drei Leben in der DDR. Drei Frauen, die ihre Kindheit im Nationalsozialismus verlebten und danach nichts weiter wollten, als beim Aufbau einer gerechteren Welt mitzuarbeiten, und die im Sozialismus den Weg dahin sahen. Die als Schriftstellerinnen begeistert die Chancen nutzten, die der junge Staat ihnen bot, und die lange bereit waren, vieles zu entschuldigen, was vom sozialistischen Ideal abwich – bis ihre Träume an der Realität zerbrachen und jede auf ihre Weise einen hohen Preis zahlte.
Alle drei haben früh einschneidende Veränderungen in ihrem Leben erfahren. Christa Wolf, 1929 geboren, stammt aus einer bürgerlichen Familie in Landsberg an der Warthe. Als junges Mädchen ist sie im BDM. Nach Kriegsende, mit 15 Jahren, findet sie durch die Konfrontation mit den NS Verbrechen zum Sozialismus. Brigitte Reimann, 1933 in der Nähe von Magdeburg geboren, erkrankt im Alter von 14 Jahren an Kinderlähmung und verbringt ein halbes Jahr gelähmt in Isolation. In dieser Zeit beschließt sie, Schriftstellerin zu werden. Maxie Wander, auch sie Jahrgang 1933, wird in Wien geboren. Alle Mitglieder ihrer Familie waren überzeugte Kommunisten. Mit ihrem Mann Fred Wander, der unter den Nationalsozialisten im KZ war, geht sie 1959 in die DDR, weil ein Leben im Nachkriegsösterreich für sie unerträglich war.
So unterschiedlich die Lebenswege der drei Frauen auch waren, so verschieden ihre Temperamente und Erfahrungen, so einig waren sie in dem Glauben, in der DDR eine humanere Welt aufbauen zu können, in ihrer Liebe zur Literatur und dem Wunsch, selbst zu schreiben. Sie wurden zu erfolgreichen Schriftstellerinnen und erhielten Preise für ihre realistischen und einfühlsamen Texte. Aber im Laufe der Jahre wurden sie durch die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in der DDR, die sie immer häufiger in Konflikt mit der Zensur brachten, zunehmend desillusioniert. Brigitte Reimann konnte ihr berühmtestes Buch Franziska Linkerhand, mit dem sie unter zunehmendem politischen Druck und persönlichen Schwierigkeiten jahrelang kämpfte, nicht zu Ende schreiben. Sie starb 1973 an Krebs. Maxie Wander war lebenslang auf der Suche nach einer eigenen Ausdrucksform. Auch ihre Hoffnung auf das Entstehen einer gerechteren Welt im „real existierenden Sozialismus“ der DDR, die selbst den Bau der Mauer rechtfertigt, den sie in ihrem Haus in Kleinmachnow hautnah erlebt, schwindet. Mit ihrem einzigen Buch, dem erstaunlich freimütigen Interviewband Guten Morgen, Du Schöne, hatte sie 1977 einen riesigen Erfolg. Im gleichen Jahr starb auch sie an Krebs. Christa Wolf musste – nicht nur – für ihr Buch Nachdenken über Christa T. lange mit den Zensurbehörden kämpfen. Am Ende setzte sie sich durch, und das Buch wurde in Ost- und Westdeutschland ein großer Erfolg. Wolf war die einzige der drei Frauen, die die lange Agonie der DDR und ihr Ende noch erlebte.
Drei Frauen träumten vom Sozialismus vermittelt viel von der Kraft und dem Eigensinn der Schriftstellerinnen, von ihrem Zweifeln und Verzweifeln, aber vor allem von ihrem Mut. So unterschiedlich sie und ihre Texte auch waren, ihre Bücher sind zeitlose große Literatur. Die Autorin Carolin Würfel, 1986 in Leipzig in eine Familie geboren, für deren weibliche Mitglieder Maxie Wanders Buch Guten Morgen, du Schöne eine Art Familienbibel war, die an die jeweils jüngere Generation weitergegeben wurde, erzählt die Lebensläufe der drei Frauen und die Wirkung ihres Schaffens in Ost und West mit viel Empathie, aber nicht kritiklos, und mit einem erfrischend unverstellten Blick.
Ruth Roebke, Frankfurt a.M.