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Coast Road

Autor
Murrin, Alan

Coast Road

Untertitel
Roman. Aus dem Englischen von Anna-Nina Kroll
Beschreibung

Izzy Keavanaugh ist in ihrer Ehe mit James nicht glücklich: Ständig streiten sie sich und reden dann wochenlang kein Wort miteinander. Dolores Mullen würde ihren Mann Donal manchmal am liebsten umbringen, weil er sie seit Jahren mit anderen Frauen betrügt. Aber so wie Colette Crowley, die Mann und Kinder für einen anderen verheirateten Mann verließ und nach Dublin zog, wollen beide auf keinen Fall sein.

Alan Murrin hat mit Coast Road einen Roman über Ehe und Familie geschrieben, der deutlich macht, dass es für Frauen im Irland des Jahres 1994 nahezu unmöglich war, sich in irgendeiner Weise von ihren Männern zu emanzipieren.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
dtv Verlagsgesellschaft, 2025
Seiten
384
Format
Gebunden
ISBN/EAN
978-3-423-28457-8
Preis
24,00 EUR
Status
lieferbar

Zur Autorin / Zum Autor:

Alan Murrin ist ein irischer Schriftsteller, der seit einigen Jahren in Berlin lebt. Er absolvierte den renommierten Masterstudiengang im Kreativen Schreiben an der University of East Anglia. 2021 gewann er für seine Kurzgeschichte ›The Wake‹ den Bournemouth Writing Award; die Geschichte stand ebenfalls auf der Shortlist für die Kurzgeschichte des Jahres der Irish Book Awards. Als Kulturkritiker schrieb er u. a. für The Irish Times, TLS und The Spectator. ›Coast Road‹ ist sein Debütroman, für den er 2024 bei den Irish Book Awards als ›Newcomer of the Year‹ ausgezeichnet wurde.

Zum Buch:

Izzy Keavanaugh ist in ihrer Ehe mit James nicht glücklich: Ständig streiten sie sich und reden dann wochenlang kein Wort miteinander. Dolores Mullen würde ihren Mann Donal manchmal am liebsten umbringen, weil er sie seit Jahren mit anderen Frauen betrügt. Aber so wie Colette Crowley, die Mann und Kinder für einen anderen verheirateten Mann verließ und nach Dublin zog, wollen beide auf keinen Fall sein. Denn dass Colette jetzt wieder in Ardglas ist, wo ihre Familie lebt, und ohne Geld versuchen muss, ihr Leben auf die Reihe zu bekommen, ist irgendwie auch ihre Schuld, da sind sich alle einig. Colette hingegen will eigentlich nur ihre Kinder wiedersehen und einen Versöhnungsprozess einleiten, doch ihr Mann Shaun hat ihr den Kontakt zu den Söhnen verboten, nachdem sie die Familie verlassen hat. Widerwillig sagt Izzy zu, ihr bei der Kontaktaufnahme zu helfen, denn auch sie findet es nicht richtig, einer Mutter zu verbieten, ihre Kinder zu sehen, egal was ihr Mann dazu sagt. Doch auch der beste Wille hilft manchmal nicht, alte und neue Gräben zu überwinden. Und die Konsequenzen ihres Handelns holen Colette irgendwann ein.

In Irland Mitte der 90er Jahre ist die Ehe die Institution, die das Leben aller Frauen bestimmt und regelt. Frauen sind wirtschaftlich von ihren Männern abhängig, haben keinen Beruf und sind hauptsächlich damit beschäftigt, sich um Kinder, Ehemann und Haushalt zu kümmern. Für ihre Männer ist diese Arbeit unsichtbar, wird nicht wertgeschätzt und oft als die einzige Tätigkeit dargestellt, für die zumindest Izzy und Dolores gut sind. Wenn etwas schiefläuft, wenn es Streit gibt, wenn die Männer handgreiflich oder verbal gewalttätig werden, dann hat sich niemand einzumischen, nicht einmal der Pfarrer oder die Freundin, denn das ist schließlich Privatsache.

Alan Murrin hat mit Coast Road einen Roman über Ehe und Familie geschrieben, der deutlich macht, dass es für Frauen im Irland des Jahres 1994 nahezu unmöglich war, sich in irgendeiner Weise von ihren Männern zu emanzipieren. Einfühlsam und nuanciert schildert er den Zwiespalt, in dem sich die weiblichen Charaktere vor der Frage befinden, welche Konsequenzen es für sie hätte, Mann und Kinder zu verlassen. Aus der Isolation der Beziehung auszubrechen, Freundschaften zu schließen und ein Netzwerk aufzubauen, ist in einem Ort wie Ardglas leichter gesagt als getan, denn das Misstrauen der lokalen Gemeinschaft ist groß, und die Männer fürchten die Solidarisierung ihrer Frauen. Dem muss Einhalt geboten werden, mit immer gewalttätigeren Mitteln. So wird der Roman nicht nur zu einer Geschichte darüber, was passiert, wenn Frauen ihre Männer verlassen wollen, sondern auch zu einer Geschichte darüber, wie weit Männer zu gehen bereit sind, um ihre Ehe zu retten, ihre Verfehlungen zu vertuschen und die patriarchale Ordnung aufrechtzuerhalten. Und so lässt der Roman die Frage offen, wie sich Frauen gegen Gewalt, Gaslighting und Verrat wehren können, wenn sie niemanden haben, auf den sie zählen können. Welcher Ausweg bleibt, wenn die Erzählung von der Privatsphäre der Ehe, in die sich niemand einmischen darf, so umfassend ist, dass alle wegschauen? Wie kann man dann Emanzipation wagen? Coast Road ist ein sehr empfehlenswerter Roman, der zeigt, dass es auf diese Fragen keine einfachen Antworten gibt.

Melissa Dutz, Frankfurt a. M.