Zum Buch:
Im Dezember 1698 heftet er sein erstes Flugblatt an das Tor der Kathedrale St. Paul in London, im Juli 1703 steht er wegen Verschwörung gegen Krone und Kirche am Pranger. De Foe überlebt, aber nur mit einem sehr gewagten Trick, der heute noch für den Beginn eines neuen Zeitalters in der wechselhaften Geschichte der Redefreiheit steht. In Markus Gassers romanhafter Biographie sitzt man direkt neben Daniel de Foe, im Gefängnis, in der Kutsche, Seite an Seite mit Mary, seiner klugen Frau, Geräusche wie Gerüche des Molochs London inklusive.
Eigentlich ist er Händler in zweiter Generation, doch schon sein Vater gehörte zu den Dissentern, und Daniel de Foe ist das Aufstehen gegen die Tyrannei zu einem zweiten Ich geworden. Der spätere Autor von Robinson Crusoe wird nicht nur einmal von Queen Anne per Steckbrief gesucht, das Kopfgeld für ihn so hoch, dass eine sechsköpfige Familie ein Jahr lang gut davon leben kann.
De Foes Aufenthalt in Newgate Prison endet nur aufgrund des – eingeforderten – Zugeständnisses einer bedingungslosen und absoluten Ergebenheit gegenüber der Queen, die fortan alles von ihm verlangen kann – und wird. Er ist wichtig und bleibt es auch nach seiner Freilassung, um derentwillen er sich an die Krone verkauft hat. Doch seine Zunge ist gespalten: Die Texte, die er in der extra für ihn gegründeten Review veröffentlicht, kann man mit und gegen den Strich lesen. Sie bleiben so brisant, dass er Zeit seines Lebens auf der Flucht ist, um nicht so zu enden wie Smite, Weggefährte und Spion erster Klasse, der eines Tages mit einer Überdosis Laudanum im Blut gefunden wird. An Selbstmord glaubt der Plebs, de Foe weiß es besser.
Eigennutz regiere die Prinzipien, so lautet de Foes größter Vorwurf – sich selbst nimmt er hier kein bisschen aus. Der Mann, der die Fiktion über die Realität siegen ließ, und das nicht nur einmal, der Autor hinter dem weltberühmten Klassiker des auf einer Insel Gestrandeten – Gasser erweckt ihn mit diesem Roman zum Leben, und seine Zeit gleich mit. Absolut spannend, hochaktuell und großartig geschrieben.
Susanne Rikl, München