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Frankreich, Februar 1584. Ein Land, das seit geraumer Zeit von Glaubenskriegen zwischen der katholischen Liga und den protestantischen Hugenotten zerrieben wird. Ein Land, dessen Herrscherfamilie – die Valois – einen unfähigen und kranken König nach dem anderen hervorbringt und dessen Thronfolge ungesichert ist. In dieser unübersichtlichen Situation soll ausgerechnet ein Mann, der sich nichts sehnlicher wünscht, als sich aus jeglichen kriegerischen und politischen Intrigen heraus zu halten, der unter den gebildeten Schichten im Land mehr wegen seiner Essays denn als Bürgermeister von Bordeaux bekannt ist und der seine wenige freie Zeit am liebsten in seiner Bibliothek auf seinem Schloss verbringt – kurz gesagt, ausgerechnet Michel de Montaigne soll helfen, einen Ausweg aus dieser Krise zu finden.
Bereits in jungen Jahren war Montaigne, der dem katholischen Glauben anhing, in seiner Funktion als Gerichtsrat in Bordeaux mehrmals in Paris, um in den Konflikten zwischen Katholiken und Hugenotten im Süden Frankreichs zu vermitteln. So ist es weniger erstaunlich, als es scheint, dass ihn eines Abends unangekündigt ein geheimer Bote nach Paris beordert. Die Reise wird als privater Besuch getarnt, und als einzige Gesellschaft begleitet ihn seine lebenskluge Frau Françoise. Später stößt der junge, unerfahrene Schreiber Nicolas zu ihnen. Weil die Essays so etwas wie ein fulminanter Bestseller sind und den Autor in gebildeten Kreisen fast jeder kennt, ist es mit der Geheimhaltung allerdings nicht weit her.
In Paris erwartet „Sie“ ihn – Katharina von Medici, Mutter des kranken Königs, gefürchtet, gehasst und als Giftmischerin verschrien. So gerät Montaigne mitten hinein den Strudel der Intrigen und widerstreitenden Interessen von Katharina, dem infantilen König Henri III und Henri de Guise, Anführer der mächtigen und fanatischen Katholischen Liga, sowie diversen anderen Personen, die in diesem unübersichtlichen Gewirr ihre jeweiligen Partikularinteressen durchsetzen wollen. Dem immer etwas schusselig und nachlässig wirkenden, aber hellwachen und scharfsinnigen Montaigne ist am Ende dieser Reise klar: Der einzige Kandidat, dem zuzutrauen ist, dieses zerrissene Land zu einen, ist der nach dem Salischen Gesetz legitime Thronfolger, Henri de Navarre – ein Protestant! Allerdings hat der sich, nachdem er vor einigen Jahren mit der Schwester des Königs, Katharinas Tochter Margot, verheiratet und in der darauf folgenden Bartholomäusnacht ein blutiges Gemetzel an den Hugenotten verübt wurde, bald vom französischen Hof verabschiedet und den erfolgten Übertritt zum katholischen Glauben wieder rückgängig gemacht. Seitdem ist er zurück in Navarra und steht in dem Ruf, ein Weiberheld zu sein, der wenig Lust zeigt, seine Haut erneut zu Markte zu tragen, umgeben von einem hugenottischen Gefolge, das an Fanatismus der Liga in nichts nachsteht. Aber wie bringt man jemanden dazu, eine Verantwortung zu übernehmen, die er nicht will, zu einer Gattin zurückzukehren, die er auch nicht will und zu alledem erneut katholisch zu werden? Montaigne steht vor einer großen Aufgabe …
Nils Minkmar, versierter Kulturjournalist, ist als Mitbegründer der deutschen Montaigne-Gesellschaft ein ausgewiesener Kenner der Materie und hat mit sichtlichem Vergnügen eine Art „Mantel und Degen-Film“ in Romanform verfasst, in dem Konflikte nicht durch Gefechte, sondern durch einen scharfen Verstand, mit Gewitztheit und Liebenswürdigkeit gelöst werden. Manchmal verliert man ein wenig den Überblick, wohin es gerade mit welcher Mission gehen soll, welche der vielen Nebenfiguren zu wem gehört, manchmal fragt man sich, warum die rituellen Ankleide- und Körperpflegeprozeduren schon wieder erzählt werden – den Spaß an der Geschichte schmälert das aber kaum. Im dritten, entscheidenden Teil des Romans läuft Minkmar zu absoluter Höchstform auf. In rasantem Tempo und slapstickartigen Szenen steuert die Handlung auf ihren Höhepunkt zu, um dann in einem Schluss zu enden, der ganz dem entspricht, wofür Montaigne gearbeitet hat: Vernunft, Vertrauen, Ausgleich und Zuversicht. Was es mit der Katze auf sich hat, müssen die LeserInnen selbst herausfinden. Montaignes Katze ist jedenfalls ein großer Lesespaß.
Ruth Roebke, Frankfurt a.M.