Zum Buch:
Nachdem sich der gute Darwin, in der Mitte seines Lebens angekommen und des Reisens ein wenig müde, 1842 auf seinen Landsitz Down House in der Nähe von London zurückgezogen hatte, beschäftigte er sich die folgenden 30 Jahre lang eingehend mit den Lumbricidae, den Regenwürmern.
Viele seiner Kollegen hielten ihn für verrückt. Was den Naturforscher jedoch nicht störte. Im Gegenteil, er sammelte weiterhin fleißig eimerweise Regenwürmer, hielt sich sogar Regenwürmer im Haus, er studierte ihr Fressverhalten, sezierte sie und untersuchte kiloweise schleimigen Wurmkot. Er stellte komplizierte Berechnungen an und kam irgendwann zu dem Schluß: »Englische und schottische Würmer bewegen jedes Jahr fast eine halbe Milliarde Tonnen Erde. Sie sind die Gärtner der Natur.«
Eine Entdeckung, auf die die meisten seiner ehemaligen Kollegen mit einem nachsehenden Lächeln reagierten; Regenwürmer, Charles, also bitte.
Aber sie irrten sich gewaltig.
Die umfangreiche Studie Dreck. Warum unsere Zivilisation den Boden unter den Füßen verliert, beschäftigt sich mit einem Thema, das uns alle angeht. Wirklich jeden Einzelnen von uns. Ausgehend von der Tatsache, dass fruchtbare Erde eine Ressource darstellt, die endlich ist, gehen wir ziemlich unpfleglich mit den wenigen Dezimetern unter unseren Füßen um. Zu der Zeit, als der Zimmermann aus Nazareth über diese Erde wandelte, lebten hier schätzungsweise 200 Millionen Menschen. Heute, gerade mal 2000 Jahre später, sind es schon sieben Milliarden und laut Prognose wächst die Weltbevölkerung bei der jetzigen Entwicklung alle 12 Jahre um eine Milliarde. Und all diese Menschen müssen ernährt werden. Das hält kein Boden aus.
»Kulturen verschwinden nicht von heute auf morgen. Sie entscheiden sich nicht für ein Scheitern. Es ist häufig vielmehr so, dass sie ins Wanken geraten und dann ihre Niederlage erleben, da ihr Boden über Generationen hinweg verschwindet.«
Im sechsten Band der Buchreihe Stoffgeschichten stellt der amerikanische Autor und Geologe David R. Montgomery eine umfangreiche, sachliche, enorm spannende und gut lesbare Kulturgeschichte vom Dreck vor.
Und die hat es in sich.
Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln