Sachbuch

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Buchempfehlungen Sachbuch

Autor
Hervé, Florence; Graf, Martin

Oradour

Untertitel
Geschichte eines Massakers / Histoire d’un massacre. Zweisprachige Ausgabe Deutsch/Französisch
Beschreibung

Im Sommer 1944, weniger als ein Jahr vor Ende des Zweiten Weltkriegs, wurde das kleine Dorf Oradour-sur-Glane in Schutt und Asche gelegt und der Großteil seiner Bewohner erschossen, erschlagen, verbrannt. Es sind Bücher wie dieses, die uns Heutige davor bewahren, begangenes Unrecht zu vergessen.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Papyrossa Verlag, 2014
Format
Kartoniert
Seiten
144 Seiten
ISBN/EAN
978-3-89438-554-5
Preis
18,00 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Florence Hervé, Dr. Phil.,1944 geboren, ist Journalistin, Autorin und Dozentin.
Zum Thema Faschismus und Widerstand hat sie zahlreiche Bücher und Artikel veröffentlicht.

Martin Graf, 1957 geboren, ist Diplom-Kommunikationsdesigner und arbeitet seit 1984 als freier Fotograf und Journalist mit den Schwerpunkten Reportage, Reise, Fashion und Automotive. Zahlreiche Einzelausstellungen. Veröffentlichung verschiedener Foto-Essays und Bildbände

Zum Buch:

„In kaum einem anderen Dorf der Welt haben fast alle Bewohner denselben Todestag. “

Oradour-sur-Glane ist eine kleine Gemeinde, die im Département Haute-Venne, im Westen des Limousin, gelegen ist, einer der am dünnsten besiedelten Regionen Frankreichs. Eine Kirche, Schulen, kleine nette Cafés, ein Hotel, ein Postamt, der offene Marktplatz, eine Metzgerei, der Friedhof, der etwas außerhalb liegt, ein paar Handwerksbetriebe sowie eine Tram, die zweimal täglich mitten durch den Ortskern rumpelt. Oradour ist ein schönes, eher ruhiges Fleckchen. Hier kennt jeder jeden.

Es ist der 10. Juni 1944. Um vierzehn Uhr riegelt die SS-Division „Das Reich“ die beiden Hauptzufahrtsstraßen ab. Kettenfahrzeuge dringen bis zum Zentrum vor, Soldaten schwärmen aus, treiben die Einwohner mit vorgehaltener Waffe aus ihren Häusern und auf den Marktplatz. Die Männer trennt man von den Frauen, teilt sie gruppenweise auf, führt sie in nahegelegene Scheunen und erschießt sie. Dann werden die Scheunen angezündet. Die Frauen und Kinder pfercht man in das größte Gebäude des Dorfes, die Kirche St. Martin. Da die erste Sprengung nicht ausreicht, werfen die Soldaten Handgranaten und schießen mit ihren Maschinengewehren solange blind in die schreiende Menge, bis sich nichts mehr rührt. Dann stecken sie auch die Kirche in Brand.
An diesem Juninachmittag sterben 642 Menschen, allesamt Zivilisten, der Großteil Frauen und Kinder.

Man kennt die Namen derer, die verantwortlich waren. Manch ein Angehöriger der SS-Division „Das Reich“ hat sich in späteren Jahren sogar freiwillig dazu bekannt, an den Gräueltaten beteiligt gewesen zu sein. Doch bis zum heutigen Tag wurde niemand zur Rechenschaft gezogen.

Heute ist Oradour-sur-Glane eine Ruine, ist Gedenkstätte und Mahnmahl. Das neue Dorf ist weiter gezogen. Es gibt Schulen, kleine nette Cafés, ein Rathaus, Spielplätze, Geschäfte, ein Postamt, Friseursalons und Metzgereien. Ein Dorf, ein neues Dorf ist entstanden, im Westen des Limousin gelegen.

Mit diesem zweisprachigen Band (deutsch/französisch), mit vielen Schwarzweißbildern, die Kunstwerken gleichen, einer Chronologie der Geschehnisse, Gedichten und Zeichnungen sowie einer Reihe von Augenzeugenberichten ist es dem PapyRossa Verlag gelungen, dem Vergessen etwas entgegenzusetzen, das Bestand haben wird. Der Versuch einer Aufarbeitung. Damit das Wissen über diese Gräueltaten nicht mit den letzen Zeitzeugen erlischt. Denn nur wenn wir uns heute und morgen noch dessen bewusst werden, was in der Vergangenheit geschehen ist, nur wenn wir uns damit auseinandersetzen, können wir damit auch die Erinnerung Teil der Geschichte werden lassen.

Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln