Zur Autorin/Zum Autor:
Friederike Kuster ist Professorin für Philosophie an der Bergischen Universität Wuppertal.
Die Einführungen des Junius Verlags bilden seit langem ein beständiges und zuverlässiges Werkzeug zur Annäherung von Laien wie Fachmenschen an Themengebiete aller Felder der Geisteswissenschaft. Mit Professorin Friederike Kusters Philosophische Geschlechtertheorien liegt jetzt ein Band zu einem Thema vor, das erst im letzten Jahrhundert, angefangen mit Simone de Beauvoir, explizit thematisiert wurde, aber immer schon Teil des philosophischen Diskurses war.
(ausführliche Besprechung unten)
In der Einleitung schreibt die Autorin, die Äußerungen der kanonischen Philosophen zu Geschlecht im Allgemeine und dem Verhältnis von Frau und Mann im Speziellen,, auf die sich der Band maßgeblich bezieht, würden gemeinhin als bloße Meinungen abgetan, so dass deren systematische Bedeutung für die jeweilig vertretene philosophische Position verkannt würden. Kuster zu Folge stellen Geschlechtertheorien einen entscheiden Teil der gesellschaftsphilosophischen Positionierung dar, auch wenn sie nicht zentral oder explizit als entscheidend aufgeführt werden. Besonders eindrucksvoll weist sie dies an der Abkehr der platonischen Staatstheorie durch Aristoteles nach.
Schwerpunkt des Bandes ist mit Sicherheit die Geschlechtertheorie des 20. Jahrhundert, als deren Stellvertreterinnen hier exemplarisch Simone de Beauvoir, Luce Irigaray und Judith Butler vorgestellt werden. Die Autorin legt jedoch großen Wert darauf zu zeigen, dass Geschlechterdifferenz in der Philosophiegeschichte durchweg Thema war. So verschafft der Band nicht nur Einblicke in die christlichen Geschlechterkonzepte bei Augustinus und Thomas von Aquin, sondern auch, unter anderen, bei John Locke, Immanuel Kant, G.W.F. Hegel und Friedrich Engels. Als Vertreter der Philosophie des 20. Jahrhunderts kommen aber nicht nur die eben genannten Autorinnen zu Wort, deren Theorien den Band abschließen, sondern auch die Positionen Max Horkheimers und Herbert Marcuses.
Eine der größten Stärken dieser Einführung besteht darin, dass sie die einzelnen Positionen nicht für sich abhandelt, sondern sie verständlich zueinander in Beziehung setzt und so Differenzen und Entwicklungen herausstellt. Die einzelnen Beiträge sind gewollt kurz gehalten und bilden einen anschlussfähigen Einstieg in die jeweilige philosophische Position. Kusters Texten ist anzumerken, dass ihnen eine lange professionelle Auseinandersetzung mit ihren Themen zugrunde liegt. Korrespondierend zu diesem Einführungsband ist unter ihrer Mitherausgeberschaft im Reclam Verlag eine Sammlung der Primärtexte der hier beschriebenen Philosophen, erschienen; ebenfalls unter dem Titel Philosophische Geschlechtertheorien. So kann diese Einführung sowohl als niedrigschwelliger Überblick über die Geschichte der Geschlechtertheorien als auch als Einstieg in eine weiterführende wissenschaftliche Auseinandersetzung dienen.
Theresa Mayer, autorenbuchhandlung marx & co, Frankfurt