Zur Autorin/Zum Autor:
1980 in Stuttgart geboren, lebt in Frankfurt am Main. Ausbildung zum Heilerziehungspfleger, Studium der Heilpädagogik und am Deutschen Literaturinstitut Leipzig.
“Albuquerque” ist sein erstes Buch.
Im letzten Sommer bereits erschien das erste Buch eines neuen Autors: Florian Wacker. Ein schmaler Band mit 14 Erzählungen. Mit dem Titel des Buches – Albuquerque – verbindet auf Anhieb wahrscheinlich nur eine kleine Gruppe von Lesern etwas. Wer aber gerne Erzählungen liest und sich nicht von dem Titel abschrecken lässt, sondern ihn im Gegenteil als Aufforderung begreift, herauszufinden, was es mit Albuquerque auf sich hat, wird belohnt.
(ausführliche Besprechung unten)
Im letzten Sommer bereits erschien das erste Buch eines neuen Autors: Florian Wacker. Ein schmaler Band mit 14 Erzählungen. Mit dem Titel des Buches – Albuquerque – verbindet auf Anhieb wahrscheinlich nur eine kleine Gruppe von Lesern etwas. Wer aber gerne Erzählungen liest und sich nicht von dem Titel abschrecken lässt, sondern ihn im Gegenteil als Aufforderung begreift, herauszufinden, was es mit Albuquerque auf sich hat, wird belohnt.
Florian Wacker beschreibt in einer einfachen, aber dafür umso präziseren Sprache den Alltag einfacher Menschen. Zum Beispiel berichtet da ein Straßenarbeiter, der mit seiner Truppe Warnsignale aufstellt und Unfallstellen repariert, dass sein Kollege Bunge vor drei Wochen während dieser Arbeit mit einem Male verschwand. Oder er erzählt von einem jungen Iraker auf der Flucht, der einer jungen Frau in der Rezeption eines viertklassigen Hotels die Dose mit Broten klaut. Die Frau, die gerade noch das Ultraschallbild ihres ungeborenen Kindes angeschaut und nicht gewusst hat, wie sie jetzt reagieren soll, schaut dem Jungen und ihrer Dose hilflos hinterher. Oder die Geschichte vom Busfahrer Frank, der nach 20 Jahren in einer Spedition jetzt seit einem guten Jahr in Schichtarbeit einen Bus im Regionalverkehr lenkt. Eines Tages, frühmorgens, veranlasst eine Eule ihn außerhalb seines Fahrplans anzuhalten, sie mitzunehmen und in die Sonne zu setzen, bevor er seinen durchgetakteten Zeitplan wieder aufnimmt.
So verschieden die 14 Geschichten und ihre Protagonisten auch sind, allen ist gemeinsam, dass die Oberfläche der Realität mit einem Male durchsichtig wird und sich damit als weniger fest und sicher erweist als bisher gedacht. Gewissheiten werden höchst fragwürdig. Veränderungen stehen an. Dabei erklärt Florian Wacker nichts. Aber die Präzision seiner Beobachtungen und Schilderungen nimmt den Leser gefangen. Er beschreibt nur kleine Ausschnitte aus dem großen Weltgefüge, und doch vermittelt er sehr genau ein Lebensgefühl, in dem Unsicherheiten Teil der Realität sind. Gerade der Realismus der scheinbar kühlen und kargen Sprache deckt das Geheimnis in der darunterliegenden Schicht auf. Das Geheimnis selbst wird so zum Beweis für den Realismus.
Hier wächst ein Enkel der Alice Munro heran.
Lesen! Und dann auf das nächste Buch von Florian Wacker warten.
Marion Victor, Frankfurt am Main