Zum Buch:
Benjamin Kantorowicz, genannt „Ratinho“, das Mäuschen, ist ein unbedarfter Junge aus Tschernowitzky, der, inspiriert von seinem Freund Jossy, von der Revolution träumt. Jossy dagegen träumt nicht nur davon, er macht sich auf nach Paris, um sein Idol Trotzky zu besuchen – und kommt tatsächlich mit einem Geheimauftrag zurück, über den er auch mit seinem Freund nicht sprechen darf. Doch dann wird er schwer krank und Benjamin muss den Auftrag übernehmen. Ausgestattet mit einem Bündel Papiere und einer Adresse macht er sich auf nach Prag, um in einer bestimmten Straße eine Botschaft abzuholen, die ihm weitere Informationen bringen soll. Aber Benjamin ist nicht Jossi, er war noch nie in einer Großstadt, er ist verwirrt und macht alles falsch. Vor allem lässt er die Papiere, die den Schlüssel zu der chiffrierten Botschaft enthält, im Zug liegen. Andererseits kann Benjamin kombinieren, und so kombiniert er nach einigem Hin und Her aus den spärlichen Informationen, die er noch im Kopf hat, dass es sich bei seinem Kontaktmann um den Anwalt Kafka handeln muss, wohnt er doch in der Straße, die man ihm genannt hat. Als er den Anwalt aufsucht und ihm sagt, er wolle den Text abholen, drückt der ihm ein Stück Papier in die Hand, auf dem mit Schreibmaschine geschrieben steht:
„Leoparden brechen in den Tempel ein und saufen die Opferkrüge leer; das wiederholt sich immer wieder; schließlich kann man es vorausberechnen, und es wird ein Teil der Zeremonie.“ Unterschrieben ist der Zettel mit „Franz Kafka“.
Jetzt beginnt Benjamin, dem ja der Schlüssel zu der offensichtlichen Geheimbotschaft fehlt, zu kombinieren – natürlich ohne Ergebnis. Der Auftrag wird nicht ausgeführt; der verhinderte Revolutionär kehrt zurück nach Tschernowitzky und wird Schneider. Später verschlägt es ihn nach Brasilien. Er weiß mittlerweile, wer Kafka ist, bewahrt den Zettel mit der Unterschrift viele Jahrzehnte auf und übergibt ihn schließlich seinem Großneffen Jaime, der ihn in Ehren hält. Aber dann wird Jaime von der Geheimpolizei verhaftet, die in dem Text, den er bei sich trägt, eindeutig eine Geheimbotschaft erkennt – und der alte Benjamin, das Mäuschen, muss zeigen, dass doch noch ein Revolutionär in ihm steckt.
„Kafkas Leoparden“ ist ein wunderbares, tiefgründiges und poetisches Buch, ein sprachliches Meisterwerk, das ich jedem nur ans Herz legen kann.
Irmgard Hölscher, Frankfurt am Main