Zum Buch:
Dieser wunderbare Roman ist schon 1963 in Ungarn erschienen, aber damals wenig beachtet worden. Ein derart individualistisches und illusionsloses Buch passte sicher nicht in die Zeit. Glücklicherweise gibt es eine Wiederveröffentlichung, die auch sogleich hervorragend von Andrea Ikker ins Deutsche übersetzt wurde. Die präzise Sprache des Autors, seine Fähigkeit, durch Auslassungen die Wirklichkeit zu beschreiben, d.h. sein ganz besonderer Erzählstil, ist auch in der Übersetzung zu erfahren.
Doch nun zur Geschichte, die wirklich kurz ist. Attila und Orsolya kennen sich schon seit Kindertagen. Sie entstammen unterschiedlichen sozialen Schichten. Die behütete Tochter einer wohlhabenden, deutschstämmigen Apothekerfamilie und der arme, aber hoffnungsvolle Dichter, Sohn eines jüdischen Vaters, verlieben sich ineinander. Vor dem Hintergrund der ungarischen Nachkriegsgeschichte entwickelt sich eine exzessive Leidenschaft, die beide an den Rand der Selbstaufgabe führt und sie zu zerstören droht. Die Unbefangenheit der jugendlichen Verliebtheit in der heilen Welt der kleinbürgerlichen Provinz lässt sich nicht in das Erwachsensein und die veränderten politischen Verhältnisse hinüberretten. Orsolyas Familie wird enteignet und Attila passt sich dem kommunistischen System an, um Erfolg zu haben und seine Minderwertigkeitsgefühle zu bekämpfen.
Letztendlich scheitert ihre Jugendliebe an der Realität, sie ist nicht “ewig”. Aber die Erinnerung wird für beide bleiben. Insofern ist es ein Liebesroman, den man auch als älterer Mensch mit Gewinn lesen und in dem man sich wiederfinden kann: Ja, so existentiell kann Liebe sein! Die Jugend duftet nach Sommer, Schwimmbad und der Clique – aber das Leben macht manchmal alles kaputt.
Edda Mittelbachert, Frankfurt am Main