Zum Buch:
Zu Beginn eine Warnung: “Tage der Toten” ist als Bettlektüre nicht zu empfehlen, da es dem Leser garantiert den Schlaf raubt. Im Mittelpunkt steht der Rachefeldzug des Vietnamveteranen und Drogenbekämpfers Art Keller gegen den Mann, dem er 1975 ungewollt selbst den Weg zum Aufbau eines umfassenden Drogenimperiums geebnet hat. Miguel Barrera war Polizist und hat dem jungen Ermittler die Verhaftung eines von den USA dringend gesuchten Mafioso ermöglicht, nur um sich gleich darauf an dessen Stelle zu setzen. Anhand dieser beiden Protagonisten entfaltet der Autor die Entwicklung Mexikos in den letzten 35 Jahren – und die brutalen, blutigen Folgen des Kalten Kriegs, den die USA in ihrem “Hinterhof” auf ziemlich heiße Weise führten. Keller hat es nicht nur mit Drogenhändlern, Geldwäschern und Mördern zu tun, sondern muss auch ständig erleben, wie die Politik seine Fahndungserfolge zunichte macht und mit den Verbrechern gegen diverse “kommunistische” Guerillas gemeinsame Sache macht. Winslow führt präzise die Mechanismen vor, mit denen Politiker die Guerilla, die sie zu bekämpfen glaubt, erst ins Leben ruft und das Drogengeschäft, das sie beseitigen will, erst richtig zum Blühen bringt.
“Tage der Toten” ist ein atemberaubender politischer Thriller, der in seiner Brutalität selbst nervenstarke Leser das Gruseln lehren dürfte – und gleichzeitig eine erschreckend realistische Tour de Force durch die letzten dreißig Jahre latein- und US-amerikanischer Geschichte.
Irmgard Hölscher, Frankfurt am Main