Zum Buch:
Vor mehr als dreißig Jahren war ich in London in einem Pub. Der Fernseher lief, sämtliche Besucher starrten gebannt auf den Bildschirm und kommentierten das Geschehen lautstark. Für meine Begriffe tat sich da allerdings herzlich wenig, außer, dass einige weiß gekleidete Leute in Abständen ihre Position auf dem Rasen wechselten. Man sah ein Cricketspiel. Von Cricket, aber nicht nur davon, handelt Fünf Tage. Ein Spiel. Davon, wie sehr das Geschehen auf dem Spielfeld mit seinen undurchschaubaren Regeln, Täuschungen, Fouls, Triumphen und Niederlagen einem anderen Spiel ähnelt, das, im Gegensatz zu Cricket, weltweit gespielt wird: der Liebe.
Eine Frau ist verliebt. Sie verbringt, wann immer es geht, ihre Zeit mit dem Liebhaber, in seiner Wohnung. Man kennt sich seit drei Monaten, noch bestimmt die Leidenschaft die Beziehung. In der Wohnung läuft nebenher der Fernseher. Fünf Tage lang wird ein entscheidendes Cricketmatch zwischen England und Indien übertragen.
Zu Hause gibt es Alan, ihrem Ehemann. Sympathisch, zugewandt, sicher und zuverlässig. Und dann ist da noch Selwyn, der Stiefsohn. Halb Kind, halb Mann, an der Schwelle zur Abnabelung. Die Frau ertappt sich bei dem Gedanken, dass es ihr schwerer fallen könnte, ihn zu verlassen als ihren Mann. Aber dass sie eine Entscheidung fällen muss, ist ihr klar.
Der Text umfasst die Zeit zwischen Freitag und Dienstag. Wir hören nur die Stimme der Frau, ihre Überlegungen, Beobachtungen, Erinnerungen, Hoffnungen und Ängste. Es ist eine unsentimentale, ironische, distanzierte und liebevolle Stimme, die da spricht. Sie kommentiert ihr wirres Leben ebenso wie den ihr immer noch unverständlichen Spielverlauf. Dabei überlappen sich die Dialoge und Bemerkungen, der Leser muss selbst herausfinden, ob es hier grade um die Liebe oder das Match geht. Man ertappt sich dabei, keine der lakonischen Bemerkungen oder knappen Dialoge für das zu nehmen, was sie sind. Immer schwingt eine andere Ebene darin mit, die einen davon abhält, einfach so darüber zu huschen.
Fünf Tage. Ein Spiel ist ein kleines Buch, geschaffen für einen verregneten Nachmittag auf dem Sofa, eine lange Sitzung in der Badewanne oder eine Zugfahrt. Der Tonfall ist leicht, locker, ironisch. Banal ist es keineswegs. Im Gegenteil. Der Text ist doppelbödig und hat durchaus Tiefgang. Ein im allerbesten Sinne unterhaltsames Buch.
Ruth Roebke, Autorenbuchhandlung Marx und Co. Frankfurt am Main