Belletristik

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Buchempfehlung Belletristik

Autor
Seth, Vikram

Zwei Leben

Untertitel
Porträt einer Liebe. Aus dem Englischen von Anette Grube
Beschreibung

Eine wahre Liebesgeschichte, die das gesamte 20. Jahrhundert umspannt. Mit der Lupe der Erinnerung, entlang von zärtlichen und erschütternden Briefen und Fotografien, erzählt der große indische Autor Vikram Seth von seinem Onkel Shanti und Tante Henny, in deren Schicksal exemplarisch die Katastrophe eines Jahrhunderts sichtbar wird. Ein bewegendes Denkmal und erzählerisches Glanzstück zugleich.

Verlag
Fischer, 2006
Format
Gebunden
Seiten
544 Seiten
ISBN/EAN
978-3-10-072521-9
Preis
22,90 EUR

Zum Buch:

Vikram Seth, der Autor von „Eine gute Partie“ – einem meiner Lieblingsbücher – hat ein neues Buch geschrieben. Es ist wieder eine Familiengeschichte. Diesmal schildert er das Leben seines Großonkels Shanti und seiner Großtante Henny, bei denen er als Jugendlicher mehrere Jahre in London gelebt hat und von ihnen als ihr „Söhnchen“ betrachtet wurde. Insofern handelt es sich eigentlich um drei Leben, denn der Autor ist im gesamten Buch sehr präsent, als Beteiligter und als Kommentator des Geschehens. Das Buch besteht aus mehreren Teilen, es ist sozusagen eine Collage. Am Anfang wird das Zusammenleben der drei Protagonisten sehr liebevoll beschrieben. Dann gibt es die Lebenserinnerungen des Onkels, die er seinem Neffen erzählt. Onkel Shanti kam in den Dreißiger Jahren nach Berlin, um Zahmedizin zu studieren. Dort lernte er die Jüdin Henny Caro kennen und verliebte sich in sie. Aber es dauerte noch sehr lange, bis die beiden zusammen kamen. Shanti ging nach London, weil er in Deutschland nicht praktizieren durfte, und nach Ausbruch des Krieges für die Engländer an die Front. In der Schlacht um Monte Cassino verlor er seinen rechten Arm, was für einen Zahnarzt sehr mißlich ist. Aber er bewältigte dieses Schicksal und war in der Lage nach dem Krieg in London als Zahnarzt zu praktizieren. Tante Henny konnte 1939 nach London emigrieren und dem Schicksal ihrer Familie und Millionen anderer Juden entgehen. Irgendwann trafen sich die beiden wieder und heirateten schließlich. Von dieser Tante fand der Verfasser nach ihrem Tod mehrere Briefe, die die jüdische Tragödie bedrückend anschaulich machen. Die Person Henny gewinnt an Kontur sowie ihre Beziehungen zu ihren Freunden im Nachkriegsdeutschland. Sie ist nie wieder nach Berlin gefahren. Diese Briefe veranlassen Seth zu einem Exkurs über die deutsche Geschichte, der für deutsche Leser nicht sehr aufschlußreich ist, und weitergehend zu einer Beurteilung der israelischen Politik in neuerer Zeit, die besser in einem Essay aufgehoben wäre und sehr diskussionswürdig ist. Im Mittelpunkt dieses Buches steht jedoch, von allen Seiten beleuchtet, ohne letztlich erklärt zu werden, die Liebe und das Leben dieser beiden außergewöhnlichen Menschen, die auch nur Menschen mit allen ihren Unzulänglichkeiten sind. Das wird am Ende des Buches nach Onkel Shantis Tod überraschend klar. Edda Mittelbachert, Frankfurt am Main