Zum Buch:
Ob nun damals in der gebundene Ausgabe bei Suhrkamp, der Lizenzausgabe der Büchergilde oder zuletzt als Taschenbuch, ich kann mich an kein Buch erinnern, daß ich in meinem Buchhändlerleben sooft empfohlen habe wie Der Schatten des Windes. Ich kann mich auch nicht daran erinnern, wie oft ich in den letzten acht Jahren schon gefragt wurde, wann denn endlich »der neue Zafón erscheint.« Jetzt ist er da. Er heißt Das Spiel der Engel.
Am ersten Abend las ich vielleicht vierzig, fünfzig Seiten, denn leider mußte ich noch arbeiten. Am zweiten Abend waren es dann über vierhundert, und ich konnte mich nur sehr schwer davon losreißen. Natürlich, man ist schnell dabei, die Bücher miteinander zu vergleichen, die Erwartungen haben sich über die Jahre hin so hochgeschraubt, aber ich kann Ihnen nur raten, vergessen Sie das, auf der Verpackung steht zwar Zafón drauf, da ist auch Zafón drin, aber diese Geschichte hier ist anders.
Sie spielt, wie könnte es anders sein, in Barcelona, genauer gesagt in den düsteren 20er Jahren. Ein junger Mann, David Martín, steigt Dank seines Protegés und Mentors vom einfachen Zeitungslaufburschen zum Journalisten auf, und nachdem ihm (nur zu seinem Besten) an Weihnachten gekündigt wird, nimmt er das Angebot eines zwielichtigen Verlages an und schreibt unter einem Pseudonym zweitklassige, jedoch enorm erfolgreiche Schauergeschichten.
Zufrieden ist er damit nicht. Eines Tages erhält er ein Couvert mit einem Lacksiegel in Form eines Engels. Er wird eingeladen, einen Abend im Etablissement Die Träumerei zu verbringen, will zunächst ablehnen, geht dann aber doch hin und verlebt unvergleichliche Stunden dort. Als er am nächsten Tag (diesmal unaufgefordert) erneut dort erscheint, stellt sich heraus, das Lokal wurde nach einem verheerenden Brand geschlossen. Und das vor 15 Jahren.
Ab jetzt nimmt die Geschichte ihre absolute Sogwirkung auf, die mysteriösen Briefumschläge häufen sich, kurz darauf gibt sich ihr Verfasser, der Pariser Verleger Andreas Corelli, der dauernd eine silberne Engelsbrosche am Revers trägt, zu erkennen und eröffnet dem mittlerweile sterbenskranken Martín ein Angebot, daß dieser gar nicht ausschlagen kann. »Sie haben nichts von mir zu befürchten, Martín. Ich bin ihr Freund.« Aber Martín hat Angst. Große Angst sogar. Hier stimmt etwas nicht. Das Spiel der Engel. Ein fesselndes, düsteres, leidenschaftliches Buch.
Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln