Zur Autorin/Zum Autor:
Matt Ruff wurde 1965 in New York geboren und wuchs im Stadtteil Queens als Sohn eines lutheranischen Pfarrers auf. Er studierte englische Literatur und lebt zur Zeit in Seattle, im Bundesstaat Washington.
Jane Charlotte ist Agentin bei den Bad Monkeys, einer obskuren Geheimorganisation, die böse Menschen liquidiert. Aber nicht nur das, sie sitzt gerade, an den Händen gefesselt, in einem Staatsgefängnis, im Beklopptentrakt und erzählt ihre haarsträubende Geschichte.
Das macht sie sehr gut. Zu gut? Matt Ruff steckt dahinter. Wer sonst?Endlich, endlich, endlich: Nach ganzen vier Jahren, nachdem er sich meiner Meinung nach mit seinem Roman Ich und die anderen selbst übertroffen hatte, liegt jetzt der vierte Roman von Matt Ruff vor. Bad Monkeys. Und ich will es gleich sagen: An seinen Vorgänger reicht er nicht heran. Was aber nicht verwunderlich ist, was auch völlig egal ist, denn die beiden Bücher lassen sich kaum miteinander vergleichen. Keines seiner Bücher läßt sich miteinander vergleichen, sie sind alle besonders. Anders. Und gefallen hat mir Bad Monkeys auf alle Fälle, sonst würde ich mir diese Rezension hier sparen. Man erkennt natürlich das Ruffsche System sofort wieder. Auf der einen Seite lacht man sich schief und ist bas erstaunt über so viel Einfallsreichtum und abgründigem, nüchternem Humor, nur um dann auf der übernächsten Seite einen Tritt in die Magengrube zu spüren; Bilder, die einem das Lachen zwischen den Zähnen stecken lassen, die beinahe erschrecken, die einen zumindest sehr nachdenklich machen. Ich empfehle Ihnen, Bad Monkeys (knapp 250 Seiten) in einem Rutsch durchzulesen, das Ergebnis ist unschlagbar. Nun, es wird Ihnen auch sehr schwer fallen, dieses Buch wieder aus der Hand zu legen, besitzt es doch eine absolute Sogwirkung á la: Wie geht das bloß weiter? Und was ist jetzt überhaupt wahr?
Alles beginnt so: Eine Frau sitzt auf einem von zwei Stühlen an einem rechteckigen Tisch. Ihre Hände liegen, mit Handschellen gefesselt, vor ihr; sie trägt einen orangefarbenen Gefängnisoverall, dessen grelle Farbe in all dem Weiß stumpf wirkt. Die Tür öffnet sich. Ein Mann in weißem Kittel tritt ein. Wir befinden uns in der Strafvollzugsanstalt Clark County, Nevada. Im Beklopptentrakt. Wie der Mann im Kittel heißt, tut nichts zur Sache. Die Frau nennt sich Jane Charlotte. Außerdem behauptet sie, Agentin einer Geheimorganisation zur Verbrechensbekämpfung zu sein, den Bad Monkeys, der Abteilung für die finale Ausschaltung nicht zu rettender Personen. Worin besteht Ihre Arbeit bei den Bad Monkeys, fragte der Arzt, also was tun Sie? Böse Menschen bestrafen? Nein. Normalerweise töten wir sie einfach. Charlotta weiß, man wird ihr nicht glauben. Dennoch erzählt sie, in aufeinanderfolgenden Sitzungen, ihr ganze Geschichte, angefangen vor ihrer Rekrutierung. Sie erzählt in einem schnodderigen, rüden Ton von Dingen wie Traumunterricht, Spielzeugpistolen, mit denen man natürliche Todesursachen abfeuern kann, von Catering, einer Abteilung für Gegenspionage, Agenten, die sich wie Cheerleader kleiden, von Grusel-Clowns, Marlene-Dietrich-Postern, die sehen können, und nicht zuletzt von ihrem Bruder Phil. Was ist wahr? Wie geht es weiter? Und was bleibt am Ende übrig? Wie gesagt, aus der Hand legen geht einfach nicht. Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln