Belletristik

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Buchempfehlung Belletristik

Autor
Roes, Michael

Die Laute

Untertitel
Roman
Beschreibung

Asis, Sohn eines Schuhmachers, wächst in Ibb im Jemen auf. Der leidenschaftliche Fußballspieler wird auf freiem Feld vom Blitz getroffen und überlebt. Wenig später tritt die Musik mit Macht in das Leben des Jungen. Sie wird sein Leben bestimmen, genauso wie die Gehörlosigkeit, der er nach einem brutalen Akt der Bestrafung für den Rest seines Lebens ausgeliefert ist. Michael Roes’ Roman ist von betörender Intensität– ohne dabei aufdringlich zu werden.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Matthes & Seitz, 2012
Format
Gebunden
Seiten
400 Seiten
ISBN/EAN
978-3-88221-986-9
Preis
24,90 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Michael Roes, 1960 in Rhede/Westfalen geboren, aufgewachsen in Bocholt. Mehrjährige Aufenthalte im Jemen, Israel und Amerika bildeten den Hintergrund für viele seiner Bücher.

Zum Buch:

Asis, Sohn eines Schuhmachers, wächst in Ibb im Jemen auf. Der leidenschaftliche Fußballspieler wird auf freiem Feld vom Blitz getroffen und überlebt. Wenig später tritt die Musik mit Macht in das Leben des Jungen. Sie wird sein Leben bestimmen, genauso wie die Gehörlosigkeit, der er nach einem brutalen Akt der Bestrafung für den Rest seines Lebens ausgeliefert ist. Michael Roes’ Roman ist von betörender Intensität– ohne dabei aufdringlich zu werden.

Nur eine Szene, die in der unmittelbaren Gegenwart spielt, wird in diesem Roman zu Ende erzählt: Asis sitzt als Erwachsener zum ersten Mal auf einem Rad und rollt bergabwärts. Dabei zieht sein Leben an ihm vorbei. Weit entfernt die Jugend im Jemen, aus auktorialer Perspektive wiedergegeben, im Wechsel damit und näher greifbar Asis’ Zeit als lernender Komponist in Polen, die er als Ich-Erzähler schildert. Das Ende jedes erinnerten, bewegten Bildes verweht wie Musik, die sich entfernt: der Tag, an dem der Arzt, der Asis nach dem Blitzschlag reanimiert hat, dem Dreizehnjährigen eine Laute schenkt; die Arbeit an der Komposition seiner Oper; das Fest, auf dem Asis zum ersten Mal Inaja erblickt, die Schwester seines Freundes Hamid; der Krakauer Musikwettbewerb, vor dessen Preisverleihung der junge Komponist flieht; der Moment, in dem Asis realisiert, dass er taub ist; die Freundschaft mit dem polnischen Komponisten Rafal; die Zeit in der Schule von Aden, wo Asis die Gebärdensprache erlernt; die Besuche von Czeska, der Filmrestauratorin, in seinem Bett in Nowa Huta; die Erkenntnis, dass statt der Membran des Ohres jetzt die Membran der Haut dem tauben Asis Laute durch Erschütterungen übermittelt.

Der Roman ist ein literarischer Klangteppich, der mehrere Lebensabschnitte umfasst und mit dem Ausblick auf eine mögliche Zukunft endet: Für Asis, der aus dem Jemen kommt, in dem es nur Trockenheit oder Überschwemmung gibt, ist ein Fluss “etwas Abstraktes, Märchenhaftes, Unwirkliches wie die Freiheit, die Ziellosigkeit oder die Liebe.” Doch am Ende des Buches liegt ihm und seinem polnischen Freund Rafal die Weichsel – ganz real – zu Füßen. Und mit ihr die Freiheit, die Ziellosigkeit, die Liebe.

Susanne Rikl, München