Zum Buch:
Hallgrímur Helgason. Den Namen muss man nicht unbedingt kennen. Obwohl seine beiden Vorgängerromane, 101 Reykjavík und Rokland sogar recht erfolgreich verfilmt wurden. Angesehen habe ich mir die Filme nicht, aber die Bücher fand ich klasse. Schöne abgedrehte Geschichten, gewürzt mit grotesk-komischen Gags, ruppigem Spott und jeder Menge Hintergedanken. Helgason ist schon eine Nummer für sich.
In seinem dritten ins Deutsche übersetzten Roman geht es um einen Hitman, einen Auftragskiller aus New York. Sein Name ist Toxic. Natürlich ist das nicht sein richtiger Name, eigentlich heißt er Tomislav Bokic und stammt ursprünglich aus Kroatien. Er war Soldat im Kosovokrieg und lebt nun seit sechs Jahren in einem schicken Appartement in Soho.
Toxic, bisher ungemein erfolgreich in seinem Metier, hat ein ziemliches Problem am Hals, denn sein letzter Job ging völlig daneben: Wie sich herausstellte, handelte es sich bei seinem 66. Opfer um einen verdeckt arbeitenden FBI-Mann, und so bleibt ihm jetzt nichts anderes übrig, als auf dem schnellsten Weg das Land zu verlassen, bis Gras über die Sache gewachsen ist. Doch schon am Flughafen heftet sich das FBI an seine Fersen, und so entschließt er sich, seine Reisepläne zu ändern und die Identität eines Fremden anzunehmen. Der Zufall will es, dass es sich bei seinem 67. Opfer um einen Priester handelt, in dessen Rocktasche ein Ticket nach Reykjavik steckt, ausgestellt auf den Namen Reverend David Friendly.
In Island gelandet, wird er sogleich von einem Paar Gutmenschen in Empfang genommen, die ihn für den berühmten Fernsehprediger Father Friendly aus den Staaten halten, und die schon ganz versessen darauf sind, ihn als Stargast in ihrer Fernsehshow zu begrüßen. Die Probleme häufen sich, denn in Reykjavik ist es nicht nur verdammt kalt, es ist auch ununterbrochen hell, und dazu kommt noch, dass es in diesem komischen Land keine Waffen zu kaufen gibt, ja nicht mal Morde geschehen. Und die Stadt, deren Zentrum einem verlassenen Parkplatz gleicht, ist viel zu klein, als dass man ihm, Toxic, nicht schon bald auf die Spur kommen würde.
Wie in all seinen bisherigen Romanen, so nimmt auch diesmal der in Reykjavik beheimatete Helgason Land und Leute in schärfster Weise aufs Korn, nur mit dem Unterschied, dass er es diesmal wirklich auf die Spitze treibt. Helgason ist patzig, höhnisch, anzüglich, ironisch, verdreht, hintersinnig witzig, ist einfach klasse. Für mich ist das hier sein bester Roman.
Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln