Belletristik

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Buchempfehlung Belletristik

Autor
Hartmann, Lukas

Abschied von Sansibar

Untertitel
Roman
Beschreibung

Eine Prinzessin von Sansibar, die mit einem Hamburger Kaufmann durchbrennt. Mit dieser verbotenen Liebe beginnt Ende des 19. Jahrhunderts die Saga einer west-östlichen Familie zwischen Europa und der arabischen Welt. Ein historischer Roman nach der wahren Geschichte von Emily Ruete.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Diogenes Verlag, 2013
Format
Gebunden
Seiten
336 Seiten
ISBN/EAN
9783257068672
Preis
22,90 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Lukas Hartmann, 1944 geboren, lebt als freier Schriftsteller und Journalist in Bern. Für seine Romane – wie für seine Kinder- und Jugendbücher – wurde er mehrfach ausgezeichnet, z. B. im Jahr 2010 mit dem ersten Großen Literaturpreis von Stadt und Kanton Bern.

Zum Buch:

Wenn eine arabische Prinzessin im Jahr 1866 mit einem Hamburger Kaufmann durchbrennt, stehen die Chancen für sie nicht unbedingt gut. Und noch schlechter werden sie, wenn der Kaufmann bei einem Unfall ums Leben kommt und seine Frau mehr oder weniger mittellos mit drei Kindern zurücklässt. Die ehemalige Prinzessin muss sich mühselig durchschlagen; sie bietet Arabischunterricht an, aber wer will damals schon arabisch lernen? Sie veröffentlicht ihre Memoiren, aber viel Geld bringt auch das nicht ein. Bleibt nur der Kampf um ihre Erbschaft auf Sansibar, ihrer Heimat, das ihr der Sultan, ihr Bruder, standhaft verweigert. Er kann ihr die Schande, die sie ihm durch ihre Heirat und den Übertritt zum Christentum angetan hat, nicht verzeihen. Ihr Sohn, der als 16jähriger in einer Kadettenanstalt untergebracht wurde, was ihm eine lebenslange Abneigung gegen alles Militärische einbringt, lässt seine nicht sehr umfangreichen Verbindungen spielen, um der Mutter die Reise in die Heimat zu ermöglichen, bei der sie den Bruder zu versöhnen hofft, aber vergeblich – sie alle werden zum Spielball in den politischen Intrigen der um die Insel kämpfenden rivalisierenden Kolonialmächte Deutschland und England.

Lukas Hartmann erzählt mit der Geschichte der Emily Ruete, alias Salme von Sansibar, ein Stück deutscher Kolonialgeschichte, das weitgehend in Vergessenheit geraten ist. Indem er die Geschichte aus der Perspektive des Sohnes erzählt, der in hohem Alter den Erinnerungen an seine Mutter und Geschwister nachgeht, entfaltet er auch die nicht weniger faszinierende Geschichte einer Familie, die immer und überall fremd ist, immer zwischen Kulturen, zwischen Welten steht, über die es keine Brücken gibt. Was das in einer Zeit bedeutete, in der der Begriff „Integration“ nicht nur unbekannt, sondern gar nicht denkbar war und Assimilation um jeden Preis gefordert wurde, macht „Abschied von Sansibar“ auf beklemmende Weise deutlich – und verändert damit gleichzeitig den Blick auf die heutige Situation. Mit anderen Worten: ausgesprochen lesenswert!

Irmgard Hölscher, Frankfurt am Main