Zum Buch:
Australien 1843: Der junge Matrose Pelletier traut seinen Augen nicht, als er von einem Landgang zum Meer zurückkehrt und von seiner Schaluppe nichts mehr zu sehen ist. 1861 dann wird an der australischen Ostküste ein weißer Wilder aufgegriffen. Der fesselnde Roman über eine wahre Begebenheit des 19. Jahrhunderts, das literarische Debut François Gardes, wurde mit mehreren Literaturpreisen ausgezeichnet, darunter auch mit dem Prix Goncourt für den ersten Roman.
“Ich heiße Narcisse Pelletier und bin Matrose auf der Saint-Paul.” Das sagt der 18-Jährige wieder und wieder vor sich hin, als er schon seit Wochen bei dem Stamm der Ureinwohner lebt. 17 Jahre später kann er vor dem Gouverneur von Sydney nur noch Bruchstücke dieses Satzes von sich geben. Der in der Stadt weilende Geograph Octave de Vallombrun glaubt aus den Sprachbrocken einen französischen Tonfall herauszuhören. De Vallombrun nimmt sich – vom Gouverneur dazu aufgefordert und aus nicht ganz selbstlosen Motiven – seines Landsmannes an. Er möchte ihn wieder mit der Sprache und Kultur Frankreichs vertraut machen, vor allem aber will er für eine wissenschaftliche Arbeit von ihm alles über sein Leben bei den Ureinwohnern erfahren. Narcisse erlernt zwar bereitwillig die französische Sprache, schweigt jedoch beharrlich über sein Leben bei dem australischen Stamm. Was hat er erlebt? Weshalb will er nicht reden?
Die Geschichte des weißen Wilden wird aus zwei Perspektiven erzählt: 14 Briefe de Vallombruns an den Präsidenten der Gelehrtengesellschaft von Paris wechseln ab mit Szenen aus dem Leben des jungen Mannes im australischen Urwald. Je weiter die Erzählung voranschreitet, umso mehr verdichtet sich das Gefühl, dass in der zivilisierten Gesellschaft mit ihren Intrigen und ihrer Falschheit die wahren Wilden hausen. François Garde hat nicht nur einen spannenden Roman geschrieben, er begegnet der Kultur der Ureinwohner Australiens mit großem Respekt und hat über die Sprache faszinierende Zugänge zu dieser Kultur geschaffen.
Susanne Rikl, München