Zum Buch:
Eine rasante Fahrt, wie es im Klappentext zu diesem Buch heißt? Wohl eher nicht, obwohl alle Versatzstücke eines flotten Roadmovies vorhanden sind: Ein Mann, ein Auto, eine Straße und sogar eine Pistole. Aber das Gefühl von Freiheit und Abenteuer will nicht so recht aufkommen, denn der Mann ist alt und sein Auto auch. Beide bevorzugen das gemäßigte Tempo, zumal der pensionierte Studienrat Karlo Adum diese Reise nur ungern antritt, um einer Testamentseröffnung in seiner Geburtsstadt Sarajewo beizuwohnen. So fährt er also von Zagreb quer durch Bosnien Herzegowina und fühlt sich nicht sehr wohl dabei, da die Erinnerungen an seine Kindheit in Sarajewo, die Wirren im Gefolge des Zweiten Weltkriegs und seine Flucht mit seiner lieblosen Mutter, die mit den Faschisten kollaborierte, seine ständigen Begleiter sind.
Aber nicht nur dieser Krieg hat seine verstörenden Spuren in ihm hinterlassen. Er fährt durch eine vom Bosnienkrieg verwüstete Landschaft, voller Ruinen und verlassener Dörfer, und da er sich jetzt als Kroate fühlt, eigentlich durch Feindesland. Auch viele Menschen, denen er unterwegs begegnet, sind durch die kriegerischen Ereignisse beschädigt, manchmal sogar verroht. Bei einem Fußballspiel wird der Begeisterung dadurch Ausdruck verliehen, dass eine Bärin an ihrem Nasenring gezogen wird und vor Schmerzen schreit.
Ein Krieg ist eben nicht vorbei, wenn er offiziell beendet wird. Er hinterlässt Verletzungen und Verunsicherungen in den Menschen, die noch lange andauern und ein Zusammenleben der verschiedenen Ethnien erschweren. Jergovic, der früher Kriegsreporter in Sarajewo war, führt das sehr anschaulich, mal bedrückend traurig, mal komisch vor Augen. Und vielleicht liegt darin eine Chance, künftige Kriege zu vermeiden.
Edda Mittelbachert, Frankfurt am Main