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Autor
Heim, Tino

Metamorphosen des Kapitals

Untertitel
Kapitalistische Vergesellschaftung und Perspektiven einer kritischen Sozialwissenschaft nach Marx, Foucault und Bourdieu
Beschreibung

Welche Triebkräfte und Möglichkeitsräume gesellschaftlicher Veränderung verbinden sich mit den Dynamiken des modernen Kapitalismus? Tino Heims breit angelegte Studie zielt auf die Überwindung analytischer Defizite der jüngsten Kapitalismusdebatte. In einer theoriesystematischen Verknüpfung und gegenstandsbezogenen Weiterentwicklung der Analyseraster von Marx, Foucault und Bourdieu – die auch als Kritik dominanter Rezeptionslinien antritt – werden zentrale kapitalistische Funktionslogiken und Krisendynamiken ebenso prägnant analysiert wie historische Transformationen konkreter Modi kapitalistischer Vergesellschaftung.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
transcript Verlag, 2013
Format
Kartoniert
Seiten
674 Seiten
ISBN/EAN
9783837624014
Preis
44,80 EUR

Zum Buch:

Wenn ein Rezensent der FAZ schreibt, es sei der „Systemkrise der vergangenen Jahre“ und der „wachsenden Distanz zum Kollaps der sozialistischen Staaten“ zu verdanken, dass Marx als Theoretiker wieder „salonfähig geworden“ sei, dann mag das für das Feuilleton dieser Zeitung der vermeintlich klugen Köpfe gelten – an deutschen Universitäten ist mit der akademisch-wissenschaftlichen Abarbeitung am und um den großen Trierer in der Regel kaum ein Blumentopf zu gewinnen, geschweige denn Karriere zu machen. Die jeder konkret-historischen (geschweige denn „kritischen“!) Sozialanalyse abholde Dominanz neoklassischer Ansätze in der Ökonomie und das Vordringen mathematisch-naturwissenschaftlicher Modellistik in den Sozial- und Politikwissenschaften lassen schon gegenwärtig nur noch wenig Feuchtbiotope heterodoxen, nicht-affirmativen Denkens zu. Umso mehr muss der Mut (und die Chuzpe) erstaunen, mit der hier Lebenszeit und intellektuelle Energie im Rahmen einer akademischen Qualifikationsarbeit (!) aufgewandt wird, um in einer „Verknüpfung der Theorie sowie der soziologischen und historischen Analysen“ von Marx, Foucault und Bourdieu die Formveränderungen der gesellschaftlichen Verhältnisse, „die hinter den verschiedenen Erscheinungen des Kapitals als einem sich selbst verwertenden Wert stecken“, besser auf den Begriff zu bringen als die zahlreichen an der zeitgeistigen Oberfläche operierenden „Gesellschaftsdiagnosen“ departementalisierter Sozialwissenschaft. Nach einer knappen Rekonstruktion der drei von ihm in einen kritischen Trialog gebrachten Forschungsprogramme arbeitet Tino Heim ihre „Familienähnlichkeit“ als „Theorien der Praxis“ heraus, um dann in drei großen Kapiteln die „Funktionslogiken und Entwicklungsdynamiken“, die „Widersprüche und Strukturparadoxien“ der kapitalistischen Produktionsweise in ihrem „ideellen Durchschnitt“ bei Marx mit den „Genealogien kapitalistischer Vergesellschaftung“, den Machtverhältnissen und Regierungsrationalitäten bei Foucault und der „dynamischen Reproduktion“ kapitalistischer Klassenverhältnisse bei Bourdieu so in Kontakt zu bringen, dass ein konzeptioneller Funkenregen möglichst systematisches Licht auf die „Gesamtheit der Modi der Vergesellschaftung“ und ihre Komplexität, Dynamik und Variabilität in ihren konkreten historischen Formen wirft. Tino Heim mutet seinen (hoffentlich zahlreichen) LeserInnen nicht nur ein „fettes“ Theoriebrikett zu, dessen Erkenntniserträge selbst noch einmal kritisch erarbeitet sein wollen, sondern stößt sie auch immer wieder darauf, dass „Form und Anspruch der theoretischen Kritik“ von den „praktisch-kritischen Ambitionen“ schlechterdings „kaum isoliert werden können“. Nicht nur in diesem Zusammenhang ist die klare Sprache und Struktur seiner Arbeit hervorzuheben: Tino Heim lädt ein zu offenem intellektuellem Streit. Hier ist eine in Zeiten akademisch-selbstreferentieller Distinktionskonkurrenz selten gewordene doppelt „schwergewichtige“ Intervention ins Handgemenge kritischer Reflexion zu genießen.

Micha Hintz, Karl Marx Buchhandlung, Frankfurt