Zum Buch:
Ein älterer Mann bereitet in seiner Turiner Wohnung das Sonntagsessen für seine Tochter und Enkelkinder vor: gefüllte Zwiebeln, Seirass-Pudding, Tagliatelle mit Borretsch, Hühnchen in Aspik, Knoblauchbrot und Zuppa Inglese. Eine gewaltige Aufgabe für einen ehemaligen Ingenieur, der noch nie gekocht hat. Aber dann bricht sich eine der Enkelinnen den Arm, der Besuch findet nicht statt, und der Mann macht statt dessen einen Spaziergang durch Turin. In einem Skaterpark lernt er Elena kennen, Anfang dreißig, gerade arbeitslos geworden, und ihren 12jährigen Sohn Gaston, der in den Halfpipes seine Sprünge übt. Man kommt ins Gespräch, und schließlich lässt sich Elena überreden, das überflüssig gewordene Essen mit ihm und ihrem Sohn zu teilen. Soweit die Geschichte. Was noch passiert: ein Auffahrunfall mit großem Streit, eine vom Wind eingedrückte Fensterscheibe, eine Bekanntschaft beim Frühstück im Café. Alles nicht besonders aufregend, glauben Sie jetzt? Im Gegenteil!
Denn die Geschichte, die hier aus der Perspektive der jüngsten Tochter des Mannes erzählt wird, ist die Geschichte eines ganzen reichen Lebens, einer gewöhnlichen Familie mit all ihren ungewöhnlichen Schicksalen, einer Geschichte von Liebe und Einsamkeit, von Fehlern und Erfolgen, Möglichkeiten und Zufällen, Hoffnung und Trauer. Ich habe selten ein so berührendes, ver- und entzückendes Buch gelesen wie den Sonntag mit Elena. Das verdankt sich in erster Linie der hervorragend übersetzten wunderbaren Sprache, der faszinierenden Komposition und den vielen fantastischen Wendungen, Fehlschlägen und Glücksmomenten eines alltäglichen Lebens, das wie alle alltäglichen Leben eben nicht gewöhnlich, sondern höchst außergewöhnlich ist – wenn man denn genau hinschaut. Und das hat Fabio Geda getan und mit höchster Kunstfertigkeit zur Sprache gebracht.
Irmgard Hölscher, Frankfurt a.M.