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Autor
Franzobel

Wiener Wunder

Untertitel
Kriminalroman
Beschreibung

Anonyme E-Mails bringen den 45-jährigen Falt Groschen, Kommissar im Morddezernat der Wiener Polizei, üblicherweise nicht mehr aus der Ruhe. Erst als er erfährt, dass der Sportler und 400-Meter-Rekordhalter Edgar Wenninger wirklich in den Tod gestürzt ist, beginnt er zu ermitteln. Potentielle Verdächtige gibt es im zwielichtigen Umfeld des Spitzensportlers genügend. Kommissar Falt Groschen jedenfalls fischt lange im Trüben.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Zsolnay Verlag, 2014
Format
Gebunden
Seiten
224 Seiten
ISBN/EAN
978-3-552-05690-9
Preis
17,90 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Franzobel, geboren 1967 in Vöcklabruck, ist einer der populärsten österreichischen Schriftsteller. Er erhielt mehrere Auszeichnungen, darunter 1995 den Ingeborg-Bachmann-Preis und 2002 den Arthur-Schnitzler-Preis. Bei Zsolnay erschien zuletzt der Roman Was die Männer so treiben, wenn die Frauen im Badezimmer sind (2012). Wiener Wunder (2014) ist sein erster Kriminalroman.

Zum Buch:

In Wien stürzt der Spitzensportler Wenninger aus dem Fenster einer fremden Wohnung. Wenninger, der aus kleinen Verhältnissen kam und dann zum Idol wurde, drohte durch die entlarvende Veröffentlichung seiner Dopingsünden das finale gesellschaftliche Aus. Die Annahme, er habe Selbstmord begangen, schien daher folgerichtig und logisch. Zumal auch am Ort des Geschehens nichts darauf hinwies, dass es ein Fall für die Mordkommission hätte werden können.
Wäre da nicht die anonyme Mail mit dem Text: „Sehr geehrte Kriminalpolizei, in den nächsten Tagen wird ein sehr bekannter Sportler einen vermeintlichen Selbstmord begehen. Dabei wird es sich um eine geschickte Inszenierung handeln, die ein Verbrechen verschleiern soll. Lassen Sie sich bloß nicht täuschen … ein Fan“, hätte Kommissar Falt Groschen wahrscheinlich an Selbstmord geglaubt und den Fall ad acta gelegt.

Verdächtige gibt es jetzt genug: Die Ehefrau, die mit Octavian Tulipan, dem ehemaligen Trainer ihres Mannes, nicht nur für den Triathlon übt. Den zwielichtigen Doping-Fahnder mit dem sinnigen Namen Hanns Hallux. Den windigen Journalisten Walter Maria Schmierer, der den todbringenden Artikel schrieb. Einen korrupten Sportartikel-Vertreter, einen untergetauchten Manager und last but not least Darius Engel, den hinkenden Nachbarn. Wer davon ist der Mörder?

Fast alle haben ein Motiv und wacklige Alibis. Kommissar Falt Groschen gelingt es zunächst nicht, die Raffinesse zu entdecken, mit der der vermeintliche Mörder diesen Mord begangen haben könnte. Erst als ein zweiter, offensichtlicher Mord passiert, kommt die Auflösung in Gang.
Franzobel spielt in seinem Kriminalroman nicht nur mit den Namen der Protagonisten, sondern ganz eindeutig auch mit dem Genre Kriminalroman. Macher und Gesellschaft rund um den Sport werden hier aufs Korn genommen, die Doppelzüngigkeit von Sportfunktonären entlarvt und mit beißender Ironie vorgeführt.

Unweigerlich lässt hier Franzobels berühmter Landsmann Nestroy grüßen. Dessen Witterung für alles Widersprüchliche und Vieldeutige in der menschlichen Natur sowie die Gabe, gebrochene Charaktere darzustellen, werden von Franzobel wiederbelebt. Ist sein Kriminalroman also ein Possenstück? Spannend und amüsant zu lesen ist dieses manieristische Gesamtkunstwerk allemal.

Brigitte Hort, Eitorf