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Autor
Schmidt, Eva

Ein langes Jahr

Untertitel
Roman
Beschreibung

Auf der Longlist für den Deuschen Buchpreis 2016

Eva Schmidts neuer Roman kreist um den Alltag. In 38 kurzen Momentaufnahmen lernen wir Menschen kennen, wie wir sie jeden Tag in unserer Umgebung erleben könnten. Wie in Robert Altmans Film „Short Cuts“ gibt es keine durchgehende Handlung; die Spannung entsteht aus den mehr oder weniger zufälligen Schnittstellen, an denen sich Menschen begegnen, die normalerweise wenig Berührungspunkte haben. „Ein langes Jahr“ ist ein so ungewöhnliches wie großartiges Buch, das noch lange nachwirkt und den Blick auf die eigene (nachbarschaftliche) Umwelt gründlich verändert.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Jung u. Jung, 2016
Format
gebunden
Seiten
212 Seiten
ISBN/EAN
978-3-99027-080-6
Preis
20,00 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Eva Schmidt, geboren 1952, lebt in Bregenz, Österreich. Sie hat neben Erzählungen in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften drei Bücher veröffentlicht, zuletzt »Zwischen der Zeit« (1997). Diverse Stipendien und Literaturpreise, u.a. Nachwuchspreis zum Bremer Literaturpreis (1986), Rauriser Literaturpreis (1986), Hermann-Hesse-Förderpreis (1988), Nicolas-Born-Preis (1989). »Ein langes Jahr« ist ihr erstes Buch seit fast 20 Jahren.

Zum Buch:

Eine österreichische Stadt an einem See, in der Villenviertel, Hochhaussiedlungen, Mietshäuser und Gewerbegebiete dicht nebeneinander liegen. Wie in jeder Stadt leben hier Menschen jeden Alters und jeglicher Schichten nebeneinander, Männer, Frauen, Kinder, Reiche und Arme, Gesunde und Kranke, Verheiratete und Alleinstehende, Penner und Bankiers, Künstler und Beamte, Alte und Junge. Und wie in jeder Stadt steht auch hier gelegentlich jemand am Fenster und betrachtet die Nachbarn auf der Straße oder in den gegenüberliegenden Wohnungen. Ein alter Mann führt seinen Hund aus, eine Frau steht auf dem Balkon und raucht, ein Penner schnorrt die Passanten an, eine Alkoholikerin torkelt in die nächste Kneipe, ein etwa Zehnjähriger schwärmt ein Mädchen an, ein älteres Ehepaar kauft ein. Alltag eben.

Um eben diesen Alltag kreist Eva Schmidts neuer Roman „Ein langes Jahr“. In 38 kurzen Momentaufnahmen lernen wir Menschen kennen, wie wir sie jeden Tag in unserer Umgebung erleben könnten. Wie in Robert Altmans Film „Short Cuts“ gibt es keine durchgehende Handlung; die Spannung entsteht aus den mehr oder weniger zufälligen Schnittstellen, an denen sich Menschen begegnen, die normalerweise wenig Berührungspunkte haben. Ausgehend von einem Panoramablick auf die Stadt zoomt sie ihre Protagonisten ganz langsam immer näher an uns heran, verhindert aber durch den raschen, zunächst verwirrenden Szenenwechsel gleichzeitig jede oberflächliche Identifikation. Wie der zehnjährige Ben angesichts der Bilder der kranken Künstlerin Karin feststellt: „Auf den Zeichnungen waren viele Striche. Wenn er nah heranging, sah er ein Wirrwarr aus Strichen, aber sobald er sich ein wenig entfernte, sah er Gesichter und Figuren.“ Dieses Austarieren von Nähe und Distanz gelingt außer Ben und der gelegentlich als Icherzählerin auftretenden namenlosen Fotografin keinem der Protagonisten, die sich aus ihrer unendlichen Einsamkeit, wenn sie Glück haben, nur mit Hilfe der Tiere, hier ihrer Hunde, befreien können.

„Ein langes Jahr“ ist ein so ungewöhnliches wie großartiges Buch, das noch lange nachwirkt und den Blick auf die eigene (nachbarschaftliche) Umwelt gründlich verändert.

Irmgard Hölscher, Frankfurt am Main