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Autor
Scheer, Hermann

Die Politiker

Untertitel
Beschreibung

Dieses Buch ist nichts weniger als der gut lesbare und zudem noch umfassende Versuch, die veränderten Bedingungen politischer Gestaltungsmacht in einer sich durch globale Wirtschaftsliberalisierung rasant wandelnden Welt zu beschreiben und mögliche Alternativen aufzuzeigen.

Verlag
Kunstmann, 2003
Format
Gebunden
Seiten
285 Seiten
ISBN/EAN
978-3-88897-343-7
Preis
19,90 EUR

Zum Buch:

Wenn Sie das Buch “Die Politiker” von Hermann Scheer in die Hand nehmen, lassen Sie sich nicht durch den geradezu harmlos klingenden Titel täuschen! Was Sie in der Hand halten, ist nichts weniger als der gut lesbare und zudem noch umfassende Versuch, die veränderten Bedingungen politischer Gestaltungsmacht in einer sich durch globale Wirtschaftslibera-lisierung rasant wandelnden Welt zu beschreiben und mögliche Alternativen aufzuzeigen. So wundert es nicht, dass Scheer in seinem Buch grundsätzlich wird. Beginnend mit seiner Kritik an BerufskollegInnen als auch am vorherrschenden PolitikerInnen-Bild, für das er zu einem Großteil die Medien verantwortlich hält, an einer oft falschen und nicht begründeten PolitikerInnen-Schelte durch die Bevölkerung, kommt er zu seiner Hauptthese: Unser gesellschaftliches und politisches System Demokratie ist in Gefahr. So habe sich die Politik, “mehr Demokratie zu wagen”, die mit der Regierungsübernahme von Willy Brandt begann, schon längst in ihr Gegenteil verkehrt. Seit Jahren sind die Mitgliederzahlen der Parteien rückläufig, und bei der Bevölkerung macht sich durch immer geringere Wahlbeteiligungen erhebliche Verdrossenheit am politischen System bemerkbar. Den Parteien mangelt es nicht nur an Nachwuchs, sondern auch an Streitkultur – intern und mit den politischen Gegnern. Alle Parteien würden sich in der Mitte drängen, und statt sich politisch auseinanderzusetzen, würden viele Mandatsträger sich heute auf die Rolle von Technokraten verlegen, die sich mit angeblich unleugbaren ‘objektiven‘ Tatsachen auseinandersetzen. Das Primat der parteilichen Geschlossenheit, eine erneute Hierarchisierung und die “vorherrschende Ökonomisierung des Politischen” sind negative Trends, die Scheer sowohl auf lokaler als auch auf Länder- und Bundesebene als Fehlentwicklungen nachzeichnet. So entstehe eine Wechselwirkung: “Je größer der Unmut über die Politiker, desto populärer werden Entstaatlichungsparolen. Mit deren unreflektierter Umsetzung wächst die Staats- und Politikverdrossenheit weiter.” Eine weitere Gefahr für das System der parlamentarischen Demokratie macht Scheer in einem zunehmenden Verlust nationalstaatlicher Gestaltungsmöglichkeiten aus, was er insbesondere im wirtschaftspolitischen Bereich für tragisch hält: Durch Einbindung in Regelwerke und Institutionen wie die WTO oder auch die EU würden politische Prioritäten einseitig zugunsten einer Marktlogik gesetzt, deren Konsequenzen sozialpolitisch fatal sein könnten. “Es gibt keine wirtschaftliche Ordnung ohne Protektionismus, sondern immer nur die Frage, was oder wer in wessen Interesse geschützt wird”, so Scheer. Hierbei sieht er das politische Gefüge aus der Balance geraten: Während der europäische Binnenmarkt mit zentralistischen Mitteln durchgesetzt werde, gebe es noch keine dem entsprechende Vertretung der sozialpolitischen Interessen der Bürgerinnen und Bürger. Weitreichende Entscheidungen würden ohne politisches Mandat und demokratische Kontrolle gefällt. Dass Demokratie Partizipation braucht, will Scheer als Aufruf an alle verstanden wissen. Wenn sich mehr Menschen ins politische Leben einbrächten, sei eine andere Politik möglich, lauten das Credo und die Hoffnung des Autors. Mit diesem Buch zeigt Hermann Scheer, dass er seinen eigenen hohen Ansprüchen an das Politiker-Sein entspricht. So wie er sich schon oft der Partei- oder Fraktionsdisziplin widersetzt hat, bekennt er auch mit dieser Streitschrift Farbe. Ein Buch, das einigen Anstoß zum Nachdenken gibt und dem ich viele LeserInnen wünsche.

Ralph Wagner, Ypsilon Buchladen & Café, Frankfurt.