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Autor
Rusbridger, Alan

Play it again

Untertitel
Ein Jahr zwischen Noten und Nachrichten. Aus dem Englischen von Simon Elson und Kattrin Stier
Beschreibung

Alan Rusbridger war zwanzig Jahre lang Chefredakteur des englischen „Guardian“. Er hat die Zeitung erfolgreich ins digitale Zeitalter geführt, gemeinsam mit „Spiegel“ und „New York Times“ die Wikileaks-Dokumente von Julian Assange veröffentlicht und zusammen mit Edward Snowden den alternativen Nobelpreis erhalten. Alan Rusbridger ist aber auch Musikliebhaber, der als Kind Klavierspielen lernte, im Chor sang. Als er im Urlaub in Frankreich bei einem Klavierworkshop dabei ist, wie ein Laie Chopins Ballade Nr. 1 in g-Moll, opus 23, die als fast unspielbar gilt, einfach so herunterspielt, fasst er den Entschluss, dieses Stück selbst in Angriff zu nehmen. Ein Jahr lang wird er täglich zwanzig Minuten dafür üben. Davon erzählt „Play it again“, eine Art Tagebuch dieses Jahres zwischen Wikileaks und Chopin, dem Alltag eines Chefredakteurs und der Auseinandersetzung mit einem Musikstück.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Secession Verlag für Literatur, 2015
Format
gebunden
Seiten
479 Seiten
ISBN/EAN
9783905951691
Preis
25,00 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Alan Rusbridger, geb. 1953 in Lusaka im damaligen Nordrhodesien, war 20 Jahre lang Chefredakteur des britischen »Guardian« und einer der angesehensten Journalisten weltweit. 2014 wurde ihm der alternative Nobelpreis verliehen “für den Aufbau einer globalen Medienorganisation, die sich verantwortlichem Journalismus im öffentlichen Interesse verschrieben hat”. Rusbridger hat Englische Literatur studiert und drei Kinderbücher geschrieben.

Zum Buch:

Alan Rusbridger war zwanzig Jahre lang Chefredakteur des englischen „Guardian“. Er hat die Zeitung erfolgreich ins digitale Zeitalter geführt, gemeinsam mit „Spiegel“ und „New York Times“ die Wikileaks-Dokumente von Julian Assange veröffentlicht und zusammen mit Edward Snowden den alternativen Nobelpreis erhalten. Alan Rusbridger ist aber auch Musikliebhaber, der als Kind Klavierspielen lernte, im Chor sang und später noch Klarinettenunterricht nahm. Musikalisch ist er ein „leidenschaftlicher Amateur“. Als er im Urlaub in Frankreich bei einem Klavierworkshop dabei ist, wie ein Laie Chopins Ballade Nr. 1 in g-Moll, opus 23, die als fast unspielbar gilt und vor dem selbst große Pianisten Respekt, wenn nicht Angst haben, einfach so herunterspielt, fasst er den Entschluss, dieses Stück selbst in Angriff zu nehmen. Ein Jahr lang wird er täglich zwanzig Minuten dafür üben. Davon erzählt „Play it again“, eine Art Tagebuch dieses Jahres zwischen Wikileaks und Chopin, dem Alltag eines Chefredakteurs und der Auseinandersetzung mit einem Musikstück.

„Play it again“ ist ein Buch, das sich keinem Genre zuordnen lässt, angesiedelt irgendwo zwischen Musiktheorie, Autobiographie und Tagebuch, Zeitgeschichte und alltäglichem Kleinkram, abstrakt und intim, anrührend und völlig schräg. Es fängt an mit ausführlichen Überlegungen zum Fingersatz (mit Notenbeispielen), was für mich, die ich vom Klavierspiel keine Ahnung habe, kein idealer Einstieg war. Ich habe auf die „Nachrichten“ gewartet; die Noten fand ich zunächst einigermaßen uninteressant. Aber das änderte sich erstaunlich schnell. Plötzlich fand ich es genauso faszinierend, mit dem Autor den „richtigen“ Flügel auszuwählen, ein Musikzimmer einzurichten, bei seinen Gesprächen mit weltbekannten Pianisten von Barenboim bis Brendel über das Stück und die Bedeutung des Amateurmusikers dabei zu sein und seinen Kampf mit Chopins Ballade zu verfolgen, wie von den Auseinandersetzungen über die Wikileaks-Affäre und die Befreiung eines entführten Journalisten in Tripolis zu erfahren. Rusbridger schreibt mit einer so völlig uneitlen Selbstverständlichkeit über sein Projekt, nimmt es so wichtig und ordnet das Bedürfnis, sich im eigentlich allumfassenden Tagesgeschäft einen kreativen Freiraum zu bewahren, so unaufdringlich in das Weltgeschehen ein, mit dem er beruflich befasst ist, dass man sich einfach dafür interessieren muss. Es ist, als höre man einem guten Freund bei der begeisterten Schilderung seines Hobbys zu – man mag keine Ahnung davon haben, aber die Begeisterung überträgt sich dank der Freundschaft doch. „Musik begründet Freundschaft“ ist das Motto, das Rusbridger seinem Buch vorangestellt hat, und auf ganz eigene Weise tut dieses Buch das auch. Es fällt völlig aus dem Rahmen dessen, was wir als Literatur bezeichnen, und eröffnet stattdessen liebevoll und in aller Freundschaft ganz neue Räume. Ein wunderbares Geschenk, keineswegs nur für Kenner und Liebhaber von Musik und Nachrichten.

Irmgard Hölscher, Frankfurt am Main