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Autor
Rainer, Floria; Sommerbauer, Jutta

Grauzone

Untertitel
Eine Reise zwischen den Fronten im Donbass
Beschreibung

Die Grauzone in der östlichen Ukraine ist Kriegsgebiet und Niemandsland, und dennoch leben hier Menschen, die nicht wissen, wo sie sonst hin sollen, die tagtäglich den Kampf aufnehmen, den nächsten Tag zu überleben. Und deren einzige Hoffnung darin besteht, dass bald Frieden herrscht.

Grauzone ist eine ungeschönte Reportage und Dokumentation, aufwühlend, nachdrücklich, preisverdächtig.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
bahoe books, 2018
Format
Kartoniert
Seiten
224 Seiten
ISBN/EAN
978-3-903022-83-6
Preis
24,00 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Florian Rainer, geboren 1982 in Leoben, hat in Wien Soziologie und Sozioökonomie studiert. Er arbeitet als Portrait- und Reportagefotograf für nationale und internationale Magazine. Zudem konzentriert er sich auf freie künstlerische Projekte. Seine freie Arbeit zeichnet sich durch einen reflektierten Umgang mit Fotografie und einen oft soziologischen Blick auf Menschen aus. Zuletzt (2015) veröffentlichte er den Band Fluchtwege, in dem die Migrationsbewegung im Herbst 2015 in Österreich auf konzeptuelle Weise beschrieben wird.

Jutta Sommerbauer, geboren 1977 in Wien, hat in Wien, Frankfurt/Oder und Sofia Politikwissenschaft, Medien und Interkulturelle Kommunikation studiert. Sie ist Außenpolitik- Redakteurin der österreichischen Tageszeitung Die Presse und verfolgt seit zehn Jahren politische und gesellschaftliche Entwicklungen in den Staaten der früheren Sowjetunion. Im Jahr 2016 veröffentlichte sie den Reportageband “Die Ukraine im Krieg. Hinter den Frontlinien eines europäischen Konflikts”. Seit November 2017 ist sie Korrespondentin der Presse in Russland.

Zum Buch:

„Wenn sie uns umbringen, dann bringen sie eben um.“
„Es hat keinen Sinn, Fenster einzubauen, sie werden doch wieder nur zerstört.“
„Früher war es ein Traum hier.“
„Ich liebe mein Land und seine Leute. Ich will sie einig sehen.“
„Warum ist die Front ausgerechnet hier zu stehen gekommen?“
„Die Einschusslöcher im Blechtor rosten.“
„Alle haben Angst hier.“

Sie nennen sie die „graue Zone“. Sie ist circa 450 Kilometer lang und zieht sich wie eine gezackte Narbe von der Küste des Asowschen Meeres in nordöstliche Richtung, durchpflügt dabei Flüsse, Dörfer, Städte und Felder, die nicht befahren, bewohnt oder bearbeitet werden können, trennt Freunde, Familien, Arbeitskollegen und Kirchengemeinden und endet weit hinter Staniza Luhanska in der nordöstlichen Ukraine, an der Grenze zu Russland.

Die einst so ruhige Kleinstadt hat bisher nie viel von sich reden gemacht und ist erst – wie so viele andere verschlafene Nester in der Ostukraine – durch den Krieg im Donbass bekannt geworden. Nun stauen sich hier täglich mehrere Tausend Menschen, die über die Brücke des Siwerskij Donez und über die Grenze nach Russland wollen, in die vermeintliche Sicherheit. Rings um den Checkpoint sieht es aus wie auf einem Schlachtfeld. Es wird hier und da immer noch geschossen. Worauf genau, weiß niemand so richtig. Auf den Fotos erinnert die Grauzone stellenweise an Tschernobyl, kurz nachdem die Busse die Stadt evakuiert haben. Sie sieht aus wie das, was sie ist: Niemandsland. Gefechtslinie. Kriegsgebiet.

Zwischen März und Dezember 2017 haben sich die Journalistin Jutta Sommerbauer und der Fotograf Florian Rainer in eben diese Grauzone aufgemacht, um die Geschichten der Menschen in diesem Niemandsland zu dokumentieren, ihre Hoffnungen, ihre Wünsche und Ängste. Was dabei entstanden ist, ist eine ungeschönte und aufrüttelnde Reportage, die anhand der zahlreichen Fotografien noch an Dynamik dazugewinnt. Die Menschen reden hier ganz offen über ihre Probleme und über ihre Einschätzung des Konflikts und ihrer Chancen, ihn zu überstehen,. Und das inmitten der zerschossenen Häuser, der verwaisten Spielplätze und der verbarrikadierten Geschäftszeilen. Und irgendwo hinter einem zur Hälfte mit Pappe geflickten Fenster leuchtet einsam und wie verlassen ein mickriger kleiner Weihnachtsbaum.

„Es ist unser Schmerz, unsere Misere, unser Unglück, unser Krieg“, sagt aufgebracht ein Nachbar. „Ihr helft uns erst, wenn wir halb tot sind. Dann gebt ihr uns Prothesen.“

Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln