Zum Buch:
Es ist mal wieder Waschtag, und Jim hilft seinem Papa beim Wäschesortieren. Weiße Sachen kommen auf den linken Haufen, pflegeleichte bunte Wäsche wirft Jim auf den rechten Haufen, und alles Dunkle landet in der Mitte. Als Papa Jims Hose in der Hand hält, schreit Jim: “Halt!” Papa zieht seine Hand aus Jims Hosentasche, und zum Vorschein kommen ein Stein, ein Schlüssel und ein Knopf. “Das kann doch alles weg”, sagt Papa. “Nein!”, ruft Jim. “Das brauch ich alles noch!” Der verbogene Schlüssel z.B., erklärt Jim nun seinem Papa, ist ein Kofferschlüssel für einen sehr großen Koffer, ganz aus Metall und mit Rollen dran. “Der ist bestimmt voller Geld”, spinnt Papa den Faden weiter. “Du hast ja keine Ahnung, du”, sagt dann Jim und erzählt Papa die ganze Geschichte. “Der Koffer gehört einem Zauberer. Zauberstab. Zauberbücher. So was ist da drin. Und…” – “Und ein Kaninchen und zwei Tauben”, fällt Papa Jim ins Wort. “Bist du verrückt! Die würden doch verhungern!” – “Soll der Zauberer sie doch füttern,” sagt Papa. “Wie denn, wenn er keinen Schlüssel hat?!” – “Soll er ihnen was zu fressen zaubern. So was kann ein Zauberer hoffentlich.” – “Kann er nicht! Nicht ohne Zauberbuch. Das ist auch im Koffer. Mit allen Sprüchen drin.” – “Armer Zauberer”, sagt Papa. “Gar nicht!“, sagt Jim . “Das ist ein fieser Zauberer.” So geht der Dialog noch eine Weile weiter. Am Ende sagt Jim: “Gut, dass wir den Schlüssel jetzt haben”, und steckt ihn blitzschnell in seine Hosentasche. Natürlich haben auch der Knopf und der Stein ihre eigene, höchst verwickelte Geschichte, und auch sie verschwinden wieder in Jims Hosentasche. Als Jim irgendwann keine Lust mehr aufs Wäschesortieren hat und er schon auf dem Weg zu seinem Zimmer ist, ruft Papa: “Guck mal, was ich habe!”
Welche Eltern kennen nicht die Sammelleidenschaft ihrer Sprösslinge für scheinbar komplett nutzlose, oft schadhafte oder dreckverkrustete Dinge. Was Jim bereits alles angesammelt hat, sehen wir in diesem liebevoll gestalteten Bilderbuch auf der letzten Seite. Dort erblicken wir Jim mit verzücktem Gesichtsausdruck beim Betrachten seiner Schätze. Der einfühlsame Text von Petra Postert lässt die Phantasie, die Spiel- und scheinbar grenzenlose Fabulierlust von Kindern lebendig werden. Die wunderschönen Illustrationen von Jens Rassmus sind in zwei verschiedenen Stilen und farblichen Intensitäten gehalten. Sie unterscheiden die physisch-materielle Welt des Wäschesortierens von der Phantasiewelt der kindlichen Erzählung. Das wunderbare Bilderbuch für Kinder ab 3 Jahre hat zu guter Letzt auch noch einen überraschenden Schluss, der die unterschiedlichen Perspektiven von Kindern und Erwachsenen knapp und zutreffend auf den Punkt bringt, hier aber nicht verraten wird.
Ralph Wagner, Ypsilon Buchladen & Café