Zum Buch:
Meine Frau hat Angst vor Bienen. Und vor Wespen. Sie hat sogar Angst vor Hummeln, obwohl sie natürlich weiß, dass die nicht mal stechen können. Ein sehr guter Freund von mir – der Kerl ist fast zwei Meter groß – hat Angst vor Spinnen, auch wenn sie so klein sind, dass sie sich unter einem einzelnen Reiskorn verstecken könnten. Ich selbst habe Angst vor zu schnellem Autofahren, auch wenn ich dem Mann hinter dem Steuer absolut vertraue.
Angst kann auch eingeredet sein. Wie zum Beispiel, dass Gott alles sieht. Oder sie entsteht ganz einfach dadurch, dass man etwas nicht versteht. Aber ob nun vor Monstern unterm Bett, Haien, einem Elfmeter, Spritzen, dem Schwarzen Mann, Aufzügen, dem täglichen Job, Vampiren oder davor, dass man sich vor anderen blamieren oder dass einen jemand oder etwas in den Po beißen könnte, wenn man auf dem Klo sitzt: Angst – die hat jeder einmal. Wirklich jeder.
Aber Angst ist auch nicht nur schlimm. Im Gegenteil. Wenn man beispielsweise Achterbahn fährt oder sich abends Gruselgeschichten erzählt, dann kann Angst ein gar nicht so schlechtes Gefühl sein. Nur wenn man zu viel oder zu oft Angst hat, dann muss man versuchen, das zu ändern. Gegen Vampire sollen ja bekanntlich Knoblauchzehen helfen. Und überhaupt hat man meistens weniger Angst, wenn man dabei nicht allein ist.
In ihrem Buch über die Angst greift die Illustratorin Moni Port ein heikles Thema auf, das viele von uns, ganz gleich in welchem Alter, für gewöhnlich nur zu gerne umgehen. Angst ist entblößend. Und wer will das schon. Aber ich bin mir sicher, dass dieses wunderbare Buch, das sich anhand von Fotos und Collagen mit diesem enorm wichtigen Thema befasst, einem Menschen Mut machen kann, sich diesem Gefühl zu stellen; ganz einfach deshalb, weil man das Gefühl besser versteht. Deswegen ist das hier auch kein reines Kinderbuch, auch wenn die Texte, die ich für sehr gut halte, in ihrer lockeren Form eher ein jüngeres Publikum anzusprechen scheinen. Erst beim zweiten Hinsehen merkt man dann, dass das in Wirklichkeit gar nicht der Fall ist, denn den Mut, sich eine Angst einzugestehen, sie zu verstehen, den kann jeder gebrauchen. Wirklich jeder.
Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln