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Autor
Jalonen, Olli

Von Männern und Menschen

Untertitel
Roman. Aus dem Finnischen von Stefan Moster
Beschreibung

Mit einem guten Radio konnte man 1972 auf Kurz- und Mittelwelle durchaus schon die Welt erkunden. Für den 17-jährigen Erzähler ist das eine der wenigen Möglichkeiten, der finnischen Provinz zu entfliehen. Bis ihm plötzlich von seiner Lehrerin ein Auslandsaufenthalt in Amerika angeboten wird. Doch dann wird der Vater ein weiteres Mal mit einem Infarkt ins Krankenhaus eingeliefert. In diesem Roman voller Sommer wird aus dem Jungen ein Mann und Amerika liegt in weiter Ferne.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Mare Verlag, 2016
Format
Gebunden
Seiten
544 Seiten
ISBN/EAN
978-3-86648-241-8
Preis
24,00 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Olli Jalonen, 1954 in Helsinki geboren, zählt zu den bedeutendsten Autoren Finnlands. Sein Werk wurde vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Finlandia Prize, und in verschiedene Sprachen übersetzt. Bei mare erschien zuvor sein Roman Vierzehn Knoten bis Greenwich (2010).

Zum Buch:

Mit einem guten Radio konnte man 1972 auf Kurz- und Mittelwelle durchaus schon die Welt erkunden. Für den 17-jährigen Erzähler ist das eine der wenigen Möglichkeiten, der finnischen Provinz zu entfliehen. Bis ihm plötzlich von seiner Lehrerin ein Auslandsaufenthalt in Amerika angeboten wird. Doch dann wird der Vater ein weiteres Mal mit einem Infarkt ins Krankenhaus eingeliefert. In diesem Roman voller Sommer wird aus dem Jungen ein Mann und Amerika liegt in weiter Ferne.

Im Sommer mit dem Vater Krebse fangen – dass diese alten Geschichten ein für allemal vorbei sind, ist dem 17-jährigen namenlosen Erzähler schon klar, als noch Schneereste im Garten liegen. Aber dass er über den ganzen Sommer die Schulden seiner Familie würde abarbeiten müssen, kann er noch nicht ahnen. Statt mit einem Stipendium in der Tasche nach Amerika zu fahren, arbeitet er den ganzen Sommer in der Firma von Lampinen, einem Cousin seines Vaters, und schläft in einem alten Wohnwagen auf dem Firmengelände. Auf dem anderen Klappbett übernachtet Rekku, ein Kerl wie ein Bär, ein wenig älter als der Erzähler, aber geistig zurückgeblieben. Lampinens Schützling Rekku wird von den Männern des Betriebs oft gehänselt, vor allem Niemi reizt ihn bis aufs Blut. Als die Sache eskaliert und Rekku verschwindet, ist es der Erzähler, der ihn wieder zurückbringt und für Rekku ein neues Zuhause findet.

»Von Männern und Menschen« heißt der neue Roman von Olli Jalonen und spielt damit auf John Steinbecks »Von Mäusen und Menschen« an. Dort schuften zwei ungleiche Gestalten in Kalifornien als Wanderarbeiter, der starke, geistig zurückgeblieben Lennie und der kleinwüchsige George. Aber die Geschichte geht schlecht aus. Jalonens Roman dagegen nimmt viele glückliche Wendungen: Unser Erzähler lernt von den Gesprächen, die die Männer bei der Arbeit führen, eine ganze Menge – nicht zuletzt über die Politik Kekkonens, der auf selbstherrliche Weise Finnlands Kurs in den frühen Siebzigern bestimmt. Er versteckt für seinen Kumpel Jukka einen alten Empfänger, aus dem die beiden an den freien Wochenenden die Sendestation für ihren Piratensender bauen werden. Er verliebt sich in Jukkas Schwester Karina. Und am Ende des Sommers wird er wissen, was es heißt, Verantwortung zu übernehmen, Fehler zu machen und dafür auch einzustehen. Ein Roman voller intensiver Sommerbilder, nominiert für den Finlandia Prize.

Susanne Rikl, München