Zum Buch:
Zu dritt wohnen sie in einem kleinen Haus am Meer. Der Vater ist Fischer. Die Mutter kümmert sich um das Haus und den Garten, und der kleine Junge, wenn er nicht gerade der Mutter zur Hand geht, schwimmt am liebsten draußen im Meer. Er hat es nie gelernt, er konnte es schon immer. Abends, wenn der Vater wieder einmal tagelang auf See ist, sitzen die Mutter und der Junge am Küchentisch, und wenn er ihr etwas mitgebracht hat, einen hübschen Stein vielleicht oder eine besondere Muschel, dann erzählt sie ihm dafür eine Geschichte, vom Meer, und von all dem, was sich unter der Oberfläche befindet. Wie zum Beispiel von Meerjungfrauen. Oder Tintenprinzen. Von Wasserbischöfen, Sardellenriesen und Küsserschlangen. Oder von Walen mit ganzen Dörfern auf dem Rücken.
Der Junge wundert sich oft darüber, dass seine Mutter so viel über das Meer weiß, denn sie geht nicht ins Wasser. Niemals. Sie sagt, Fischersfrauen sollten nicht schwimmen.
Dann findet er in einem Sofakasten ein schönes Seehundfell und erinnert sich an die Geschichte, die seine Mutter ihm einmal erzählt hat, die von den Seehunden, die an Land gehen, ihr Fell abstreifen und Menschen werden. Das Fell verstecken sie, damit sie wieder ins Meer zurück können, wenn sie genug Mensch gewesen sind. Dem Jungen wird klar: Sein Vater muss ein Seehund sein.
Doch er irrt sich. Am nächsten Morgen ist die Mutter verschwunden.
Gut, wenn man das hier liest, dann klingt das natürlich erst einmal so, als sei die Geschichte recht traurig, aber das ist sie eigentlich nicht, nicht so richtig jedenfalls, sie regt vielmehr sehr zum Nachdenken an, hallt dann noch lange im Gedächtnis und im Herzen nach. Heidelbach ist einfach ein großer Geschichtenerzähler. Und ein begnadeter Illustrator sowieso; die Bilder, die er da hingezaubert hat, sind schlichtweg einzigartig, da möchte man sich jedes Original sofort an die Wand hängen, ich denke da allein nur an das Bild der drei Muränenköniginnen, das ist … Heidelbach in Höchstform. Überhaupt gehört dieses Kinderbuch auch in die Hände von Erwachsenen, die keine Märchen vorlesen. Auf alle Fälle ein Muss für alle Heidelbach-Fans.
Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln